Einleitung

Für viele Menschen ist Astrologie etwas zur Unterhaltung, die Typologie der sog. "Sternzeichen" gut geeignet, um jemandem am Geburtstag ein T-Shirt mit passendem Aufdruck schenken oder eine Geburtstagskarte mit "persönlichem Motiv" schicken zu können.

Entsprechend erwarten viele von einer Einführung in die Astrologie ein interessantes, kurzweiliges Buch, aus dem sie vielleicht etwas genauer erfahren können, "was die Zukunft bringt", als aus den Horoskop-Spalten in der Zeitung. Niemand würde von einer Einführung in die Medizin oder gar einer Einführung in die Relativitätstheorie Albert Einsteins erwarten, daß sie kurzweilig ist. Die große Verbreitung einfachen astrologischen Gedankenguts verführt jedoch viele zu der Annahme, daß sie schon "ungefähr wissen", was Astrologie ist, und sie suchen jetzt nur noch konkrete, möglichst praktisch verwertbare Informationen, vielleicht ein paar "Rezepte" für die Deutung des eigenen Horoskops.

Dies zu vermitteln ist nicht die Absicht der vorliegenden Schrift. Diese Schrift ist kein Lehrbuch nach dem Muster: "Horoskope - selbst gestellt". Es geht nicht um eine Anleitung, etwas zu tun, sondern darum, etwas zu verstehen. Ich wende mich vorwiegend an den "kritischen Leser", auch an den, der Astrologie für ein "Relikt aus dem Mittelalter", für einen ausgemachten Aberglauben hält. Ich selbst habe, als ich angehender Mathematik- und Physiklehrer war, Astrologie für einen ausgemachten Aberglauben gehalten.

Ich möchte einen Überblick darüber geben, was Astrologie überhaupt ist: Was kann man von einer astrologischen Deutung erwarten und wo liegen die Grenzen? Wie kann man sich Astrologie vielleicht "erklären"? Und dann möchte ich demonstrieren, wie ein Astrologe bei seiner Arbeit vorgeht, was er tut, wenn er ein Horoskop "interpretiert".

Astrologisches Denken folgt anderen "Regeln", als wir es heute gewöhnt sind bzw. als wir es in der Schule gelernt haben. Die Astro-Logik folgt nicht denselben Gesetzen wie die Logik der Wissenschaften, die auf der sog. "Aristotelischen Logik" basiert. Die Astro-Logik ist der Psycho-Logik verwandt, hat etwas mit "assoziativem Denken" zu tun. Um ein Beispiel zu nennen: Die "Logik der Gefühle" erlaubt es, daß zwei widersprüchliche Aussagen beide wahr sein können; etwas, das in der Logik unseres "rational" orientierten Verstandes (und in den Wissenschaften) "verboten" wäre. So kann jemand fühlen: "Ich liebe Dich und ich hasse Dich", obwohl doch Liebe und Haß Gegensätze sind, die eigentlich nicht gleichzeitig wahr sein können, so wie es nicht gleichzeitig dunkel und hell sein kann.

Ich hoffe, es wird mir gelingen, deutlich zu machen, daß diese andere Art zu denken nicht gleichzusetzen ist mit "Beliebigkeit", mit reinem "Geschmack", ohne Anspruch auf Wahrheit oder Richtigkeit. Die Wissenschaften, gerade auch die Naturwissenschaften, befinden sich in einem gewaltigen Umbruch, und wir müssen erkennen, daß die Maßstäbe, an denen wir bisher Wahrheit gemessen haben, nicht so verläßlich sind wie sie schienen.

Eine Einführung in die Astrologie, die der Astrologie wirklich gerecht wird, die auf unzulässige Vereinfachungen verzichtet, verlangt eine Verschmelzung von Wissen, das nach unserer heutigen Vorstellung von Wissenschaft sehr verschiedenen Wissensgebieten angehört: Astronomie, Psychologie, Medizin, um die drei wichtigsten Gebiete zu nennen.

Dennoch wird diese Schrift keine "wissenschaftliche" sein. Sie soll leicht verständlich sein, ohne die wahren Verhältnisse, die häufig etwas komplizierter sind, zu stark zu vereinfachen. Zwei Hilfsmittel sollen es erleichtern, diese beiden Ziele zu verbinden:

  • Ausführlichere Erläuterungen zu bestimmten Begriffen, die dem einen oder anderen Leser unbekannt sein könnten, finden sich in den Anmerkungen (durch hochgestellte Zahlen gekennzeichnet) im Anhang. Dort sind auch Erläuterungen zu finden, die dem Hauptgedanken noch einige Schattierungen hinzufügen oder einen Gedanken noch etwas weiter führen, die aber im Text keinen Platz haben, weil sie den eigentlichen Gedankengang zu stark unterbrechen würden. - Die Anmerkungen enthalten außerdem noch die Quellenhinweise für die Zitate.

  • Besonders im astronomischen Teil (Kapitel 3) sollen reichlich verwendete Grafiken die beschriebenen Zusammenhänge anschaulich machen.

Man kann eine Einführung in die Astrologie nicht auf die gleiche Art verfassen wie eine Einführung in die Biologie oder in die Elektrizitätslehre, weil die Astrologie Dinge behauptet, die es eigentlich gar nicht geben kann (zumindest nach Auffassung der meisten Wissenschaftler). Wenn man Astrologie verstehen will, muß man also immer wieder gewohnte Arten, zu denken und Sachverhalte zu betrachten, in Frage stellen, Selbstverständliches aus einer neuen Perspektive betrachten. Aus einer "gewohnten Perspektive" betrachtet ist Astrologie einfach eine "Zumutung für den menschlichen Verstand".

Wann immer man gewohnte Perspektiven aufgeben muß, empfindet man dies als "anstrengend". Die Anstrengung rührt auch daher, daß Dinge in Frage gestellt werden, die man bisher für sicher gehalten hat. Die Anstrengung spiegelt also auch Verunsicherung wieder. In diesem Sinne sind in dieser Schrift einige "anstrengende" Passagen nicht zu vermeiden.

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Home/Inhalt Buch/Inhalt © Copyright 1998 Dr. Peter Niehenke [ 10/Mär/98 by TJK ]

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