Kapitel 2: Die "Melodie" der Planeten
Auch die "Wirkung" der Planeten ist, im Sinne
der weiter oben vorgenommen Unterscheidung, keine magische:
Die Stellung der Planeten wirkt mehr in der Art, in
der "Worte" (Symbole) wirken. Immer wieder
werfen Naturwissenschaftler den Astrologen vor, sie
könnten keine Kraft angeben (wie etwa die Schwerkraft,
die für die Gezeiten verantwortlich ist), die
für die "Wirkung" der Planeten verantwortlich
sein könnte. Dieser Vorwurf ist ähnlich unpassend,
wie wenn man einem Soziologen vorwerfen würde,
er könne keine Kraft nennen, die für die
"Wirkung" eines Buches verantwortlich sein
könnte. Wir werden über die Wirkung eines
Buches auf Menschen wenig erfahren, wenn wir eine chemische
Analyse von Papier und Druckerschwärze vornehmen
oder wenn wir in einem Experiment protokollieren, was
passiert, wenn man dieses Buch Menschen auf den Kopf
fallen läßt. Bücher wirken durch "Resonanz"
der Leser für die Symbole (Worte, Sätze)
in diesem Buch.
Wir verstehen vielleicht jetzt besser, warum Carl Friedrich
von WEIZSÄCKER, wie im ersten Kapitel zitiert,
recht hat, wenn er behauptet, die Naturwissenschaft
sei nicht weit genug entwickelt, um sagen zu können,
daß Astrologie nicht wahr sein kann, und auch
nicht weit genug entwickelt, um zu sagen, wie es zusammenhängt,
wenn sie wahr ist. Wir müssen in den Naturwissenschaften
erst ein Phänomen besser verstehen, das für
das Verständnis dieser Arten von "Wirkung"
von zentraler Bedeutung ist: das Phänomen der
Information.
Nun ist, zugegeben, ein Planet kein Wort und auch kein
Symbol, sondern ein Himmelskörper.
Das ist richtig. Doch, etwas poetisch formuliert: Jeder
Planet erzeugt eine bestimmte "Melodie"
. Im ersten Abschnitt nannte ich dies, etwas nüchterner,
einen "kosmischen Auslösereiz". Aus
der Musik wissen wir, wie stark Menschen auf Töne
reagieren. Wenn wir resonant sind für die betreffende
Musik (das ist eher der Fall, wenn sie unserem Kulturkreis
entstammt), kann sie uns traurig oder fröhlich
stimmen; vor der Schlacht versetzen die Fanfaren uns
in Kampfstimmung; Musik in der Kaufhäusern stimuliert
unser Kaufverhalten; beim sog. "Superlearning"
verbessert die zur Untermalung der Vokabeln verwendete
Musik die Behaltensleistung usw. In anderen Worten:
Schwingungen, die an unser Ohr gelangen, können,
je nach ihrer Art, ganz bestimmte "Wirkungen"
in unserer Seele auslösen, bestimmte Impulse in
uns wecken.
Ein Planet verkörpert ein bestimmtes Lebens-Grundprinzip,
weil seine "Melodie" dieses Prinzip in uns
weckt.
Diese Ausdrucksweise ist unscharf und würde einen
Wissenschaftler nicht befriedigen. Nun ist dieses Buch,
wie versprochen, aber auch kein wissenschaftliches
Buch, und die verwendeten Analogien dienen einzig dem
Zweck, eine Brücke zu schlagen zwischen dem tief
in unserem Denken verankerten mechanistischem Weltbild
(und der damit verbundenen Vorstellungen, was als Ursache
für bestimmte Wirkungen in Frage kommen könnte)
und dem "neuen Denken" , einen ganzheitlichen
Denken.
Einer der bedeutendsten mittelalterlichen Astronomen
und Astrologen, Johannes KEPLER, war der Auffassung,
daß die Wirkung der in der Astrologie verwendeten
Aspekte (= Winkelbeziehungen zwischen Planeten, siehe
Kap. 3) auf einer angeborenen Sensibilität der
menschlichen Seele für geometrische Proportionen
beruhe, die er instinctuns geometricus nannte. Das
Weltgeheimnis sieht KEPLER in einem vollkommen harmonischen
Naturzusammenhang. Für ihn stand fest, daß
der Kosmos ein wohlgeordnetes, von einem geistigen
Prinzip geschaffenes und gelenktes Ganzes sein müsse,
in dem alles nach harmonisch-geometrisch darstellbaren
Verhältnissen geordnet ist. KEPLER war also der
Auffassung, daß geometrische Proportionen wirken.
Ist dies ein mittelalterlich-abergläubischer Gedanke?
Denken Sie zum Vergleich an die geometrischen Formen
der Kristalle (z. B. Schneekristalle oder Salzkristalle).
Die Atome in einem Kristall sind geometrisch angeordnet.
Ist das nicht ein anschaulicher Beweis dafür,
daß geometrische Formen in der Natur wirken?
Denken Sie weiter an die Musik, die ich gerade als
Beispiel angeführt habe: Seit der Zeit der Griechen
wissen wir, daß die Empfindung von Harmonie bei
Tönen (aber auch bei den Abmessungen von Flächen
oder Körpern) etwas mit Proportionen zu tun hat.
Musik und unser ästhetisches Empfinden sind ein
Beleg dafür, wie sehr die menschliche Seele auf
Proportionen anspricht.
Mit diesen anschaulichen Beispielen soll nicht darüber
hinweggetäuscht werden, daß es sich dabei
um Analogien handelt. Ein Aspekt zwischen zwei Planeten
ist nicht dasselbe wie der Zusammenklang zweier Töne.
Die Analogie hilft uns, ein Gefühl dafür
zu bekommen, wie astrologische Zusammenhänge vielleicht
aufgefaßt werden müssen. Eine Erklärung,
gar eine wissenschaftliche Erklärung, sind sie
nicht.
Zum Schluß dieses Kapitels will ich nun versuchen,
diese Sachverhalte noch auf eine etwas "wissenschaftlichere"
Weise auszudrücken.
Die Systemtheorie
Im vorletzten Abschnitt habe ich, zusammenfassend, behauptet,
daß in den Symbolen der Astrologie grundlegende
Eigenschaften des Lebens allgemein symbolisiert seien.
Bestätigung für diese These erhalten wir durch
eine neue Wissenschaft, die, seit sie in den Vierziger
Jahren entwickelt wurde, das "neue (ganzheitliche,
ökologische) Denken" entscheidend mitgeprägt
hat: Die Systemtheorie. Es war wiederum ein Biologe,
der, auf der Suche nach den charakteristischen Eigenschaften
des Lebens, zu der Erkenntnis kam, daß die traditionellen
Prinzipien in den Naturwissenschaften nicht geeignet
sind, das Phänomen Leben wissenschaftlich umfassend
beschreiben zu können.
LUDWIG VON BERTALANFFY, wie Fancé in Wien geboren,
arbeitete in den Dreißiger Jahren als Biologe
an der Wiener Universität. Bei dem Versuch, die
Eigenschaften zu bestimmen, die Leben charakterisieren,
stieß er auf bis dahin unentdeckte Gesetzmäßigkeiten,
die noch wesentlich umfassender, grundsätzlicher
waren als die von Fancé hypostasierten Ordnungsgesichtspunkte
zur Charakterisierung lebender Organismen. Seine Gesetze
charakterisierten nicht nur lebende Organismen sondern
alle sog. selbst-organisierenden Systeme schlechthin:
"Wohl zum ersten Mal in der Geschichte des menschlichen
Geistes eröffnet sich ein Ausblick auf eine bisher
nicht geahnte Einheit des Weltbildes. Seine obersten
Leitprinzipien sind überall die gleichen, ob es
sich nun um unbelebte Naturdinge, um Organismen, um
seelische oder schließlich gesellschaftlich geschichtliche
Vorgänge handelt (...) Es gibt gewisse allgemeine
Prinzipien, die für Systeme aller Art gelten,
d. h. die aus der Wechselwirkung von Elementen auftreten
müssen, so verschieden die zu einem 'Sysytem'
zusammengefügten 'Elemente' im Einzelfall auch
sein mögen."
Bertalanffy entdeckte also, daß das Leben von
Prinzipien geregelt wird, die nicht allein auf Leben
zutreffen sondern auf alle sog. selbstorganisierrenden
Systeme. Es würde den Umfang dieser Schrift sprengen,
auf die Systemtheorie weiter einzugehen. Dem interessierten
Leser seien die in der Literaturliste angegebenen Bücher
empfohlen. Hier nur soviel:
Die von Bertalanffy gefundenen System-Eigenschaften
sind eine neue Art von "Naturgesetzen", es
sind Gesetze, die zu den uns bekannten Gesetzen hinzukommen.
Wohlgemerkt: Es sind nicht einfach einige neue Gesetze,
wie wir in den Wissenschaften immer wieder neue Naturgesetze
herausfinden. Es ist eine neue Art von Gesetzen. Diese
Gesetze sind z. B. nicht mehr in der gleichen Eindeutigkeit
zu formulieren und nicht auf die gleiche Art "zu
beweisen", wie die in den Wissenschaften bislang
anerkannten Naturgesetze. Ich will das durch ein Zitat
verdeutlichen, auch wenn dieses Zitat nicht für
alle Leserinnen und Leser verständlich sein wird:
"Die klassische Form einer Prozeßgesetzlichkeit
ist die Differentialgleichung. Die Gesetze der ungeordneten
Gesamtheiten gründen sich auf die Wahrscheinlichkeitslehre.
Die Gesetze der geordneten Gesamtheiten sind ihrem
Wesen nach Systemgesetze."
Systemtheoretische Prinzipien haben mittlerweile in
viele Wissenschaften Eingang gefunden; in der Psychologie
basiert eine bestimmte Therapieform, die "systemische
Familientherapie", auf systemtheoretischen Grundsätzen.
Zur Veranschaulichung werde ich nun an einigen Beispielen
demonstrieren, daß die moderne Wissenschaft der
Systemtheorie bei dem Versuch, grundlegende Eigenschaften
des Lebendigen zu kennzeichnen, zu Beschreibungen kommt,
die eine verblüffende Ähnlichkeit mit den
symbolischen Bedeutungen haben, die den Planeten in
der Astrologie zugeschrieben wird. Dabei muß
ich ein wenig auf die Ausführungen im Kapitel
4 vorgreifen.
Zu den Eigenschaften selbstorganisierender Systeme gehört
z. B. die in der Astrologie dem Mars zugeordnete Tendenz,
sich im Wettbewerb gegen andere durchzusetzen.
Arthur KOESTLER, einer der Herausgeber eines Buches
mit dem Titel: "Das neue Menschenbild - Die Revolutionierung
der Wissenschaft vom Leben." , führt dort
an, daß das Charakteristische nicht allein die
Fähigkeit zur Durchsetzung sei, sondern eine Kombination
aus zwei komplementären Fähigkeiten, nämlich
"Selbstbehauptung und Integration": "Die
Selbstbehauptungstendenz ist ein grundlegendes und
universelles Merkmal (...) und zeigt sich auf allen
Stufen aller Arten von Hierarchien (...) Der entgegengesetzte
Aspekt (...) besteht in seiner integrativen Tendenz,
in der Neigung, als fügsamer Bestandteil eines
bestehenden oder in Entwicklung befindlichen Ganzen
zu wirken. Auch diese Eigenschaft äußert
sich auf verschiedenartigste Weise, von der 'Gefügigkeit'
des embryonalen Gewebes über die Symbiose der
Organellen in einer Zelle bis zu den verschiedensten
Formen des Zusammenhalts, sei es ein Insektenstaat,
sei es ein Stamm von Eingeborenen."
Dem astrologisch Geschulten fällt auf, daß
unter der "integrativen Tendenz" bei KOESTLER
Bedeutungen zusammengefaßt werden, die in der
Astrologie weiter differenziert sind und der symbolischen
Bedeutung der Planeten Venus (das Prinzip "Harmonie"
im Sinne der Einteilung von Francé) und Saturn
(das Prinzip "Integration") entsprechen.
Erstaunlicherweise finden wir unter den Systemeigenschaften
auch eine direkte Entsprechung zur Bedeutung des Planeten
Pluto (dies wiederum als Vorgriff auf das kommende
Kapitel), der von Astrologen als das Symbol für
"Tod und Widergeburt" gekennzeichnet wird:
"Das regenerative Potential in Organismen und
Sozialverbänden manifestiert sich in Fluktuationsprozessen,
die von der höchsten Integrationsstufe auf frühere,
primitivere Niveaus zurückgreifen und beim Wiederaufstieg
zu neuen, modifizierten Strukturen führen. Prozesse
dieser Art scheinen sowohl bei der biologischen als
auch bei der geistigen Evolution eine bedeutende Rolle
zu spielen; sie spiegeln sich in dem universalen Motiv
von Tod und Wiedergeburt in der Mythologie."
Fassen wir zusammen:
Die Symbole der Astrologie symbolisieren grundlegende
Eigenschaften des Lebens (und, allgemeiner, sog. selbstorganisierender
Systeme). Die astrologische Überlieferung bedient
sich dabei zur Beschreibung dieser Eigenschaften ausführlich
sog. Analogien und Gleichnisse, ähnliche wie sich
Märchen zur Beschreibung grundlegender menschlicher
Erfahrungen solcher Mittel bedienen.
Das "System" Mensch nun ist Teil des (Öko-)
Systems Erde und dieses wiederum Teil des Sonnensystems.
Wenn dieses Sonnensystem als Ganzes nun auch ein selbstorganisierendes
System wäre, dann wäre eine Verbindung Sonnensystem
- Erde - Mensch eine natürliche Konsequenz systemtheoretischer
Erkenntnisse, denn, wie KOESTLER in dem gerade zitierten
Buch nachgewiesen hat, sind selbstorganisierende Systeme
durch Integration in hierarchische Strukturen gekennzeichnet,
innerhalb derer sie sowohl als Ganzheiten als auch
als Teile betrachtet werden können: Ein Organ
des Körpers z. B. ist einerseits eine Ganzheit.
(Das Herz "funktioniert" auch außerhalb
des Körpers, ist ein Stück weit "autonom".)
Es ist aber, bezogen auf der ganzen Körper, ein
Teil. Eine Zelle des Organs ist wiederum eine Ganzheit
(sie kann weiterleben, wenn man sie aus dem Organ entfernt),
ist aber auch ein Teil des Organs. Dieses wiederum
ist ein Teil des Körpers. Der Körper wiederum
ist ein Teil des Öko-Systems Erde. Die Erde ein
Teil des Sonnensystems.
Eine Betrachtung unseres Sonnensystems als ein "System"
von 10 großen Materie-Brocken und einer Unzahl
kleinerer Materie-Brocken, deren Beziehungen untereinander
im wesentlichen auf Gravitationskräfte beschränkt
sind, würde für das Konzept eines selbstorganisierenden
Systems allerdings keine Grundlage bilden (eine mechanisch
funktionierende Maschine ist eben auch kein selbstorganisierendes
System). Tatsächlich sind die Beziehungen aber
wesentlich komplexer und die wechselseitigen Einflüsse
wesentlich subtiler . Unsere Sonne ist nicht einfach
ein sehr heißer Feuerball: Sie ist ein Gebilde,
das in seiner Komplexität der Komplexität
eines selbstorganisierenden Systems entspricht und
sie "reagiert" auf die Stellung der Planeten
unseres Sonnensystems u. a. mit einer Veränderung
ihrer in den Raum abgegebenen Energie- und Partikelstrahlung,
die wiederum auf den Planeten, insbesondere auf der
Erde, komplizierte metereologische Prozesse (und Veränderungen
in der Biospäre) auslösen.
THOMAS RING, einer der bedeutendsten Astrologen im deutschsprachigen
Raum, gab einem seiner Bücher den Titel: "Unser
Sonnensystem - ein Organismus". Im Lichte der
Erkenntnisse der Systemtheorie könnte es sich
erweisen, daß dies viel weitgehender zutrifft,
als er selbst vermuten konnte.
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