Kapitel 3: Die Bestimmung der Position der Planeten
Die Bewegung der Sonne durch die Sternbilder hängt
also damit zusammen, daß die Erde um die Sonne
kreist. Die Bewegung des Mondes durch die Sternbilder
hängt damit zusammen, daß der Mond um die
Erde kreist. Wenn Sie in Abbild 9 zunächst die
Sonne durch die Erde ersetzen (die Erde ist dann in
der Mitte) und dann an die Stelle, an der jetzt die
Erde steht, den Mond setzen, dann scheint, von der
Erde im Zentrum aus betrachtet (also nicht in Richtung
des Pfeiles geschaut), der Mond gerade im Sternbild
Jungfrau zu stehen.
Während die Erde für den Umlauf (die Revolution)
um die Sonne ein Jahr benötigt, benötigt
der Mond für den Umlauf um die Erde einen Monat.
Während der Mond nun im Laufe eines Monats einmal
um die Erde kreist, scheint er, von der Erde aus betrachtet,
einmal vollständig im Kreis durch die Sternbilder
zu wandern.
Wenn wir sagen: Der Mond steht im Sternbild der Jungfrau,
dann meinen wir damit, daß, von der Erde aus
betrachtet, der Mond vor dem Hintergrund der Sternbild-Figur
Jungfrau zu sehen ist.
Wenn wir den Himmel aufmerksam beobachten, dann werden
wir feststellen, daß es nur sehr wenige Himmelskörper
gibt, die sich in diesen Sternbild-Figuren hin- und
herbewegen. Neben Sonne und Mond kannten die Menschen
im Altertum nur noch fünf weitere solcher Himmelskörper,
die sie Planeten, d. h. Wandelsterne, nannten.
Heute können wir verstehen, warum sich unter den
Tausenden von Sternen, die wir sehen können, nur
fünf (mit dem bloßen Auge sichtbare Sterne)
so auffällig bewegen. Diese fünf Sterne sind
nämlich, wie die Erde, Planeten unseres Sonnensystems,
die um die Sonne kreisen, wie in Abbild 10 schematisch
dargestellt. Und weil sich die Erde und die anderen
Planeten alle gleichzeitig um die Sonne drehen (zudem
auch noch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten),
erscheinen die Bewegungen dieser Planeten, von der
Erde aus betrachtet, unregelmäßig und kompliziert.
In Wahrheit drehen sich alle sehr gleichmäßig
in elliptischen Bahnen um die Sonne. Aber wir sehen
unser Sonnensystem ja nicht in der Draufsicht, wie
in dieser schematischen Zeichnung: Für uns auf
der Erde sind die einzelnen Planeten einfach nur leuchtende
Punkte am Firmament. Daß die merkwürdigen
Bewegungen am Himmel daraus resultieren, daß
sich die Perspektive von der Erde aus dauernd ändert,
weil wir uns mitbewegen, davon spüren wir ja nichts.
Die Planeten unseres Sonnensystems
Bevor die Menschen das Fernrohr erfanden (zur Zeit Galileis)
konnte man am Himmel von den Planeten unseres Sonnensystems
nur die erkennen, die so hell sind, daß sie mit
dem bloßen Auge sichtbar sind. Abgesehen von
Sonne und Mond gab es für die Menschen im Altertum
fünf Planeten: Merkur, Venus, Mars, Jupiter und
Saturn. Zusammen mit Sonne und Mond kannten die Menschen
früher also sieben "bewegliche Himmelskörper".
Aus diesem Grunde hat die Zahl Sieben in den verschiedensten
Kulturen eine besondere Bedeutung. Bei uns geht z.
B. die Zahl der Tage unserer Woche darauf zurück
und außerdem sind die Tage (ursprünglich)
nach den Planeten benannt (wobei Sonne und Mond früher
als als Planeten angesehen wurde, weil man die wahren
Verhältnisse ja nicht kannte).
Merkur und Venus nennt man die inneren Planeten, weil
sie von der Erdbahn eingeschlossen werden (siehe Abbild
10).
Abbild 10
Meist werden die Planeten, von Mond abgesehen,
in der Reihenfolge ihrer Umlaufbahnen genannt, die
auch der Geschwindigkeit der Bewegung durch den Tierkreis
entspricht. Der Mond bewegt sich am schnellsten, wie
wir in Kapitel 3 gesehen haben., er benötigt für
einen Umlauf um die Erde einen Monat. Von dem Planeten
bewegt sich Merkur am schnellsten: Er benötigt
für einen Umlauf um die Sonne etwa 1/4 Jahr. Die
Venus benötigt fast ein Jahr, die Erde genau ein
Jahr (d. h. die Sonne benötigt, von uns aus betrachtet,
ein Jahr für einen vollständigen Lauf durch
die Tierkreiszeichen - so ist ja das Jahr auch definiert:
als ein vollständiger Umlauf der Sonne). Der Mars
benötigt etwa 2 Jahre, Jupiter etwa 12 Jahre und
Saturn etwa 30 Jahre.
Erst nach der Erfindung des Fernrohres konnte im Jahre
1781 Uranus als ein weiterer Planet unseres Sonnensystems
entdeckt werden. Die Fortschritte der Astronomie (und
der Naturwissenschaften allgemein) machte es möglich,
daß im Jahre 1846 Neptun entdeckt werden konnte.
Die Berechnung der Planetenbahnen auf der Grundlage
der Keplerschen Gesetze war zu der Zeit mit einer solchen
Präzision möglich, daß aus den Abweichungen
zwischen der berechneten und der boachteten Bahn von
Uranus geschlossen werden konnte, daß es jenseits
von Uranus noch einen Himmelskörper geben muß,
dessen Anziehungskraft die gleichmäßige
Bahn des Uranus "stört". Es konnte sogar
genau berechnet werden, wo sich dieser Planet befinden
müßte - und am berechneten Ort entdeckten
ihn auch die Fernrohre.
Erst im Jahre 1932 schließlich war die Technik
der Himmelsbeobachtung so weit entwickelt, daß
auch Pluto entdeckt werden konnte, ein Planet, beinahe
so klein wie unser Mond und etwa zwanzig Mal so weit
von der Erde entfernt wie Mars.
Die drei Planeten, die hinter der Bahn des Saturn kreisen,
nennt man die transsaturnischen Planeten.
Zwischen der Bahn von Mars und Jupiter kreisen eine
Reihe von sog. Planetoiden: so nennt man die größten
von einer Fülle von Gesteinsbrocken, die von einem
möglicherweise zerstörten ehemaligen Planeten
stammen könnten, der vielleicht zwischen Mars
und Jupiter seine Bahn gezogen hat.
Fixsterne
Unser Sonnensystem besteht also aus der Sonne im Zentrum
und den Planeten (einschließlich der Erde), die
um diese Sonne kreisen. Manche der Planeten haben Monde
(unsere Erde hat einen Mond), die wiederum um diese
Planeten kreisen.
Was aber sind Fixsterne?
Manche Fixsterne erreichen die gleiche Helligkeit wie
die Planeten unseres Sonnensystems. Was läßt
sie leuchten? Unsere Planeten senden selbst kein eigenes
Licht aus: Sie werden von der Sonne angestrahlt und
reflektieren das Licht, wie eine Kugel, die wir mit
einer Lampe anstrahlen. Fixsterne dagegen sind selbst
Sonnen, im Vergleich zu unserer Sonne allerdings unendlich
weit entfernt. Viele dieser Fixsterne sind möglicherweise
das Zentrum eines eigenen Sonnensystems mit Planeten
und Monden, ähnlich wie in unserem Sonnensystem.
Die nächste uns benachbarte Sonne ist so weit
entfernt, daß das Licht dieser Sonne für
uns nicht heller erscheint, als das von unseren Planeten
reflektierte Licht unserer eigenen Sonne.
In Abbild 10 sehen wir, daß wir die Stellung der
Planeten bezüglich der Sternbilder auf die gleiche
Weise bestimmen wie bei Sonne und Mond.
Wir sagen, ein Planet steht im Sternbild Fische, wenn
der Planet, von der Erde aus betrachtet, vor dem Hintergrund
des Sternbildes der Fische zu sehen ist.
In Abbild 10 steht entsprechend die Sonne im Skorpion,
ebenso der Merkur. Die Venus steht im Schützen,
Jupiter steht im Stier und Mars im Krebs.
Zur Zeit der Babylonier wurde die Stellung der Planeten
tatsächlich durch Nachschauen bestimmt. Heutzutage
könnten viele Astrologen die Planeten am Himmel
nicht einmal mehr erkennen (z. B. von Fixsternen gleicher
Helligkeit unterscheiden). Astrologen brauchen nämlich
heutzutage nicht mehr den Himmel zu beobachten, um
festzustellen, wo die Planeten stehen. Sie schauen
stattdessen in die Ephemeriden (Gestirnstands-Tabellen). Dort können Sie für jeden Tag die Position von Sonne, Mond und Planeten ablesen.
Eine Zwischenbemerkung zur Entstehung der Astrologie
Versetzen wir uns einmal in die Gedanken eines Menschen
zur Zeit der Babylonier: Dort, im Zweistromland zwischen
Euphrat und Tigris, ist der nächtliche Sternenhimmel
besonders prächtig, er lädt geradezu zur
Betrachtung ein. Wir sehen am Himmel nun Tausende und
Abertausende von Sternen. All diese Sterne stehen fest
(haben immer die gleiche Anordnung zueinander). Fünf
Sterne von diesen Tausenden von Sternen aber vollführen
sehr merkwürdige Bewegungen am Himmel. - Ist es
nicht verständlich, daß die Babylonier davon
überzeugt waren, daß dies eine Bedeutung
haben muß?
Um diese Bedeutung zu verstehen, gingen die Babylonier
übrigens keineswegs "abergläubisch"
vor. Ihr Vorgehen würde man heute "empirisch"
nennen und es ist ausgesprochen "wissenschaftlich".
Zwar galten den Babyloniern diese Bewegungen als "Omina",
als Zeichen göttlicher Botschaften. Dies würden
wir heute nicht wissenschaftlich nennen. Aber bei der
Entschlüsselung dieser Botschaften gingen sie
"wissenschaftlich" vor. Belegt wird diese
Ansicht durch einen archäologischen Fund zu Beginn
dieses Jahrhunderts: Die Bibliothek eines babylonisches
Königs mit Namen ASHURBANIPAL (680 v. Chr.): "Viele
Tausende, auf Keilschrifttäfelchen verzeichnete
und systematisch geordnete Omina, die manchmal bis
auf sumerische Zeiten zurückgehen. (...) zeugen
von der Sorgsamkeit, mit der stets himmlische und gleichzeitig
irdische Erscheinungen aufgezeichnet, miteinander verglichen
und prognostisch verwertet wurden." Die Babylonier
zeichneten allerdings alle auffälligen Himmelserscheinungen
auf, nicht nur die Bewegung der Planeten, so z. B.
auch das Auftauchen von Kometen, denen in unserer astrologischen
Lehre keine Bedeutung beigemessen wird.
Vorgänge am Himmel können selbstverständlich
nur dann "Omina" (Botschaften der Götter)
sein, wenn sie nicht mechanisch zustandekommen. Denn
wenn sie mechanisch (gesetzmäßig, berechenbar)
zustandekommen, sind sie ja nicht mehr als Ausdruck
einer willkürlichen Handlung eines Gottes, der
"etwas mitteilen will", zu verstehen. Als
sich zeigte, daß die Bewegungen der Planeten
berechenbar sind, war deshalb auch PLATO, wie im ersten
Kapitel erwähnt, der Auffassung, daß die
Astrologie als Omendeutung nun jegliche Grundlage verloren
habe.
Da Astrologie bei den Babyloniern sehr stark prognostisch
betrieben wurde, wehrte sich PLATO damals zu Recht
gegen die Vorstellung, vorausberechenbare Vorgänge
könnten etwas über das Schicksal der Menschen
sagen, denn eine solche Vorstellung hätte das
fatalistische Mißverständnis der Astrologie
sehr gefördert (siehe Kapitel 1). Erst der Gedanke,
die Bewegungen der Gestirne könnten etwas mit
dem "Wesen" der Menschen (und nur indirekt
etwas mit ihrem Schicksal) zu tun haben, bannt diese
Gefahr: Dieser Gedanke macht das subjektive Empfinden,
daß wir in unseren einzelnen bewußten Entscheidungen
doch frei sind, vereinbar mit dem astrologischen Grundgedanken
eines Zusammenhang zwischen Kosmos und Mensch.
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