Kapitel 4: Astro-Logik
Im Kapitel 2 habe ich erläutert, daß die
Planeten Grundprinzipien des Lebendigen symbolisieren.
Mars symbolisiert z. B. das Prinzip "Selektion"
. Damit ist die allem Lebendigen notwendig innewohnende
Tendenz gemeint, sich im Wettbewerb mit anderen Lebewesen
(um Nahrung, Lebensraum, Fortpflanzungsmöglichkeiten,
"Anerkennung" usw.) zu behaupten. Mars symbolisiert
also das Prinzip Kampf. Pazifistisch eingestellte Menschen
könnte es erschrecken, daß die Neigung zum
Kampf eine Notwendigkeit von Leben schlechthin sein
soll. Wenn eine solche Kraft jedoch gänzlich fehlt,
dann können wir z. B. auch keine Krankheiten mehr
besiegen. - Doch das Prinzip Kampf meint nicht allein
Handlungen, die gegen andere Lebewesen gerichtet sind.
Schon unsere Sprache gibt Zeugnis davon, daß
dieses Prinzip etwas Umfassenderes meint; denken wir
an Ausdrücke wie: eine Aufgabe "in Angriff
nehmen", ein Problem "bewältigen"
usw.
Mars symbolisiert alle die Prozesse in unserem Körper,
in unserer Psyche und in unserem Denken, die unseren
Organismus auf die aktive Bewältigung einer Situation
einstellen.
Dieses Einstellen verlangt die Koordinierung von Prozessen
auf den unterschiedlichsten Ebenen. So muß unsere
Aufmerksamkeit auf die entsprechende Situation "fokussiert"
werden: Wenn wir, in ein Gespräch vertieft, plötzlich
bemerken, daß es brennt, wird unsere Aufmerksamkeit
sofort von dem Gespräch weggelenkt; stattdessen
werden Erinnerungen aktiviert, die mit Feuer und Brandbekämfpung
zu tun haben. - Unser Körper, vielleicht in einem
Zustand wohliger Entspannung, wird auf Aktivität
umgestellt: Unsere Pulsfrequenz steigt, damit unser
gesamter Organismus ausreichend mit Sauerstoff, der
in den roten Blutkörperchen transportiert wird,
versorgt werden kann; der Muskeltonuns steigt; regenerative
Prozesse, wie z. B. die Verdauung, werden gestoppt,
usw.
Das Prinzip Mars wirkt also auf allen Ebenen des Organismus;
das Symbol Mars hat auf allen Ebenen des Organismus
Entsprechungen.
Zur Verdeutlichung dieses Gedankens ein weiteres Beispiel:
Der Planet Saturn symbolisiert das Prinzip "Integration".
Es ist das Prinzip, daß die "Integrität"
(die Unversehrheit) des Lebewesens bewahren soll. Während
Mars ein aktiv auf die Umwelt gerichtetes Prinzip ist,
ist Saturn eher ein "abschirmendes" Prinzip;
es geht um Schutz.
Saturn symbolisiert alle Prozesse in unserem Körper,
in unserer Psyche und in unserem Denken, die den Organismus
auf den Schutz der eigenen Unversehrheit einstellen.
Auch diese Prozesse beziehen alle Ebenen des Organismus
mit ein. In unserem Denken äußert sich dieses
Prinzip als Vorsicht. Wir prüfen gedanklich Gefahrenmomente
durch Vergleich mit gespeicherten Erfahrungen. Auf
der psychischen Ebene äußert sich die Aktivität
dieses Prinzips im Gefühl von Angst. Angst ist
ein psychischer Zustand, der das Lebewesen davon abhält,
etwas zu tun, das seine Unversehrtheit gefährden
könnte. Dies wird auf der körperlichen Ebene
vielleicht dadurch "unterstützt", daß
ihm "die Knie weich werden" (also ein Abfallen
des Muskeltonus). Zwei Beispiele aus der Tierwelt:
Der Igel rollt sich ein, die Schnecke zieht sich in
ihr Schneckenhaus zurück. Wir Menschen haben wenig
Möglichkeiten, uns durch körperliche Prozesse
gegen Gefahren zu schützen. Bei uns liegen die
saturnischen Entsprechungen daher mehr auf der Handlungs-
als auf der Körperebene.
An diesen zwei Beispielen für die (hier nur ansatzweise)
Deutung der Planetenprinzipien Mars und Saturn wird
bereits deutlich, daß beide Prinzipien in jeder
Situation im Gleichgewicht gehalten werden müssen.
Wenn das Mars-Element, die Aktion, zu stark wird und
ich nicht genug prüfe, besteht die Gefahr zu scheitern.
Wenn das Saturn-Element, der "Schutz-Instinkt",
zu stark wird, ich mich vielleicht gar nicht zu handeln
traue, erreiche ich ebenfalls nichts. Man könnte
sagen: Der eine scheitert, der andere probiert es erst
gar nicht.
Es gibt jedoch Handlungen, bei denen der Akzent mehr
auf dem Mars-Prinzip liegt (und liegen muß):
ein Tennis-Match; wenn ein Feuerwehrmann ein Kind aus
den Flammen rettet; wenn ich, geistesgegenwärtig,
jemanden von der Fahrbahn reiße, den sonst ein
Fahrzeug zu erfassen droht.
Dann gibt es andere Handlungen, bei denen der Akzent
mehr auf dem Saturn-Prinzip liegt (und liegen muß):
die Arbeit auf einem hohen Gerüst, der Umgang
mit hochexplosiven Stoffen, Autofahren (!).
Wenn jedoch bei einem Tennis-Match auch der Akzent auf
dem Mars-Prinzip liegen mag: In jedem Kampf bedarf
es auch der Saturn-Tugenden, z. B. dem Gegner nicht
durch unüberlegtes ("unvorsichtiges")
Spielen Chancen eröffnen.
Und wenn beim Autofahren auch der Akzent auf dem Saturn-Prinzip
liegen muß: Das Fahren selbst ist eine Aktivität.
Wenn das Mars-Element vollständig ausgeschaltet
wäre, fährt der Betreffende erst gar nicht
los, er bleibt, und sei es aus Angst, einfach stehen.
Diese Überlegung gilt für alle Planeten:
In jeder Lebensäußerung sind alle durch die
Planeten symbolisierten Prinzipien enthalten. Die verschiedenen
Lebensäußerungen unterscheiden sich dadurch,
auf welchem Prinzip bzw. welchen Prinzipien der Akzent
liegt, oder, in anderen Worten, wie die für die
jeweilige Lebensäußerung charakteristische
Mischung aussieht.
Es ist ähnlich, wie bei der Unterscheidung von
geistig, körperlich und psychisch. Es handelt
sich um drei Facetten des einen Organismus, die an
jeder Lebensäußerung immer gemeinsam beteiligt
sind. Wir können nicht etwas nur Körperliches
tun, weil jede Handlung von Gefühlen und geistigen
Prozessen begleitet ist (selbst im Schlaf, denn da
träumen wir). Wir können auch nicht etwas
nur Geistiges tun, weil auch "still dasitzen"
eine ganz spezielle körperliche Tätigkeit
ist, weil, während wir denken, unser Körper
ja lebt (atmet, das Herz Blut durch die Adern pumpt
usw.).
Die Einteilung von Prozessen, die wir auf der Basis
astrologischer Prinzipien vornehmen, geht also "quer"
zu der Einteilung in körperlich, geistig und psychisch,
wie wir sie gewohnt sind. Das Marsische ist gleichermaßen
ein körperliches, geistiges und psychisches Prinzip.
Normalerweise benutzen wir zur Beschreibung körperlicher
Prozesse biologische oder medizinische Begriffe, zur
Beschreibung seelischer Vorgänge psychologische
Begriffe. Aggression ist ein solcher psychologischer
Begriff. Aggression kommt in der Medizin nicht vor.
(Mediziner finden im Körper Flüssigkeiten,
Organe, chemische Substanzen, aber keine Aggression.)
Wir wissen zwar, daß Wut (oder Aggression) mit
bestimmten körperlichen Erscheinungen verbunden
ist, aber der Mediziner weiß nicht, wie "die
Wut" dafür sorgt, daß mehr Adrenalin
im Blut ist, denn im Körper findet der Mediziner
keine "Wut", wie er z. B. ein Herz oder eine
Leber findet oder (im Blut) ein Hormon.
Astrologie arbeitet deshalb, um diese drei Bereiche
miteinander zu verbinden, mit analogen, sinngemäßen
Entsprechungen auf den verschiedenen Ebenen. Teilweise
sind diese Entsprechungen auch für unser "logisches"
Denken leicht nachvollziehbar (wenn sich in den Analogien
Ursachen vermuten lassen), teilweise wirken die Entsprechungen
"abergläubisch". So werden z. B. jedem
Planeten bestimmte Körperorgane und, rein äußerlich,
bestimmte Regionen des Körpers zugeordnet. Dem
Mars, dem Prinzip Kampf, naheliegenderweise die Muskeln.
Das ist auch "logisch" nachvollziehbar. Auch
die Zuordnung von Mars zu Blut ist, aus medizinischer
Sicht, heute verständlich (siehe unten). Die Menschen
des Altertums wußten um diese medizinischen Zusammenhänge
aber nicht. Für die Menschen früher paßte
es einfach, daß marsbetonte Menschen (damals
vorwiegend Krieger und Jäger) viel mit Blut zu
tun haben. Und es paßte auch, daß Mars
als Planet am Himmel einen rötlichen Schimmer
hat (er heißt deshalb der "rote Planet").
Und solche Analogien lassen sich dann "ausweiten"
. Wenn die Planeten Lebensgrundfunktionen symbolisieren,
dann stehen sie auch in Zusammenhang mit all den Phänomenen
in der Natur, die diesen Grundfunktionen ähnlich
sind. Dazu gehören vor allem Pflanzen, Steine
und Metalle. Heute würden wir die Ähnlichkeit
am ehesten so begründen, daß Pflanzen, Steine
oder Metalle vielleicht in der Lage sind, diese Grundfunktionen
auszulösen oder zu verhindern, zu stützen
oder zu schwächen. In früheren Zeiten wurden
solche Zuordnungen jedoch "intuitiv" vorgenommen,
mehr "ahnend" als logisch begründend.
So wurde dem Mars das Eisen zugeordnet, und es gab Astrologen,
die das damit begründeten, daß Schwerter
und Waffen allgemein aus Eisen sind: Eisen galt allgemein
als Symbol für betont männnliche Eigenschaften.
Ist es nicht eine verblüffende Tatsache, die wir
aber erst seit einigen Jahrzehnten kennen, daß
tatsächlich der Eisengehalt im Blut mit der Aktivität
eines Menschen zusammenhängt? Menschen mit Eisenmangel
fühlen sich schnell matt und energielos. Eisen
ist also eine medizinisch sinnvolle Zuordnung zu Mars
(genauer: zu der symbolischen Bedeutung des Mars).
Ist es nicht ein merkwürdiger Zufall, daß
das Eisen tatsächlich in den roten Blutkörperchen
zu finden ist und für die rote Farbe auch verantwortlich
ist? An dieses Eisen ist der Sauerstoff gebunden. Rein
medizinisch betrachtet führt ein Mangel an Eisen
u. a. zu einer schlechteren Sauerstoff-Versorgung,
daher das leichte Ermatten. Auch die Zuordnung von
Mars zu Blut ist also "medizinisch sinnvoll".
Diese Dinge konnten die Menschen im Altertum, die diese
Zuordnungen vornahmen, gar nicht wissen. Man hat den
Eindruck, daß sie "instinktiv" sehr
oft zwar richtig zuordneten, die Zuordnung dann aber
mit "an den Haaren herbeigezogenen" Argumenten
begründeten. Es mag ja gut sein, daß selbst
mein "heuristisches Denkmodell" in diese
Kategorie von "an den Haaren herbeigezogenen Begründungen"
fällt, daß die Zusammenhänge in der
Astrologie in Wahrheit völlig anderer Natur sind.
Wie wir in Kapitel 2 gesehen haben, hatten selbst große
Geister wie NEWTON und GALILEI "abergläubische"
Vorstellungen über die Ursachen bestimmter Naturphänomene
("Geister" bringen Kugeln zur Ruhe, "Gott
selbst" setzt Planeten wieder auf die "richtige
Bahn" zurück).
Um noch ein weiteres Beispiel zu nennen: Dem Saturn,
dem Prinzip "Schutz", wird seit dem Altertum
die Milz zugeordnet. Ist es nicht wiederum eine verblüffende
Tatsache, daß in der Milz die Antikörper
gebildet werden, die uns z. B. vor Ansteckung schützen,
daß also die Milz ein zentrales Organ für
unser Immunsystem ist?
Was? - Wie? - Und Wo?
Die Planeten verkörpern, wie schon oft gesagt,
Grundnotwendigkeiten des Lebens schlechthin, Grundprinzipien
des Lebendigen. Weniger abstrakt formuliert handelt
es sich bei diesen Grundprinzipien um Kräfte:
Tendenzen zu bestimmten "Handlungen" oder
"Abläufen". Andere Worte für diese
Kräfte wären: Antriebe oder Impulse.
Was bedeuten nun die Tierkreiszeichen?
Die Stellung des Mars in den Tierkreiszeichen würde
die Art und Weise, in der dieses Prinzip der Selbstbehauptung
von einem bestimmten Menschen (Lebewesen), dem Horoskop-Eigner,
realisiert wird, symbolisieren. Die Tierkreiszeichen
symbolisieren, in anderen Worten, Stilprinzipien, typische
Verlaufsformen, Formen der Konkretisierung eines bestimmten
Antriebs. Ich werde es an einem Beispiel verdeutlichen:
Stünde der Mars bei einem Mensch im Tierkreiszeichen
Widder, dann hätten wir es mit dem Typus Mensch
zu tun, der, bildlich gesprochen, "eine Burg im
Sturm erobert" - oder gar nicht. Es ist ein Mensch,
der Dinge, die anstehen, sofort in Angriff nimmt, und
der auch sofort "Erfolge" sehen muß,
weil der Antrieb sonst schnell erlahmt.
Der Widder verkörpert nämlich ein Stilprinzip,
das mit Vorstellungen wie: etwas in Gang bringen -
schnell und wuchtig - stoßweise - kurz aber intensiv
- auf dem schnellsten Weg zum Ziel assoziiert ist.
Stünde der Mars dagegen im Tierkreiszeichen Steinbock,
dann hätten wir es mit einem Menschen zu tun,
der "eine Burg belagert", notfalls monatelang.
Es ist der Mensch, der zwar eher langsam in Gang kommt,
der aber dann, wenn er in Gang gekommen ist, einen
sehr langen Atem hat.
Der Steinbock verkörpert nämlich ein Stilprinzip,
das mit Vorstellungen wie: Konstanter oder stetig steigender
Energiefluß - beharrend - nachhaltig - auch bei
"Umwegen" das Ziel nicht aus dem Auge verlierend
assoziiert ist.
Die Planeten symbolisieren also Antriebskräfte
und die Stellung der Planeten in den Tierkreiszeichen
symbolisiert die unterschiedlichen Formen der Realisierung
dieser Antriebe.
Die symbolische Bedeutung eines Planeten erfragt man
mit dem Fragewort: Was? Welche Kraft, welcher Antrieb
wünscht sich zu realisieren? Die symbolische Bedeutung
der Tierkreiszeichen erfragt man mit dem Fragewort:
Wie? Auf welche Art und Weise, in welcher Form realisiert
sich dieser durch den Planeten symbolisierte Antrieb
(Impuls)?
Die 10 Planeten (im Sinne von "bewegter Himmelskörper,
also Sonne und Mond eingeschlossen) sind Bestandteil
eines jeden Horoskops. Die verschiedenen Menschen unterscheiden
sich also nicht dadurch, welche Planeten in ihrem Horoskop
vorhanden sind. Es sind immer alle Planeten vorhanden.
Um es in einem Vergleich zu sagen: Die (gesunden) Menschen
unterscheiden sich nicht dadurch, welche Organe bei
ihnen vorhanden sind. Es sind immer alle Organe vorhanden;
das ist eine Grundbedingung dafür, daß der
Mensch (Organismus) überhaupt leben kann.
Die Menschen unterscheiden sich (u. a.) dadurch, wie
diese Planeten angeordnet sind. Sie unterscheiden sich
also z. B. dadurch, in welchen Tierkreiszeichen die
einzelnen Planten stehen. Durch die Verteilung auf
die Tierkreiszeichen erhält jeder "Grundantrieb"
im Menschen eine spezielle "Tönung"
(die Art, sich zu behaupten, durch die Stellung des
Mars in den Tierkreiszeichen; die Art, sich zu "schützen",
durch die Stellung des Saturns in den Tierkreiszeichen;
usw.).
Wer schoneinmal in einem Film einem Kripo-Beamten hat
zuschauen können, wie dieser am Computer aufgrund
einer Zeugenaussage das Gesicht eines Verdächtigen
"zusammenzustellen" versucht, der wird dieses
Beispiel jetzt leichter verstehen: Im Computer sind
verschiedene Arten von Augen, Nasen, Ohren, Mundpartien,
Frisuren usw. gespeichert. Die werden nun am Computerbildschirm
kombiniert. Aufgrund der Angaben des Zeugen sucht der
Beamte vielleicht zunächst die "passenden"
Augen, dann die entsprechende Frisur, Kopfform usw.
und setzt so das Gesicht zusammen.
Wir Astrologen haben in unserem Horoskop-"Computer"
je 12 verschiedene Arten von Monden, Sonnen, Marsen,
Saturnen usw. "gespeichert" (je nach Stellung
in einem der 12 Tierkreiszeichen). Diese werden nun
im individuellen Horoskop-Bild kombiniert. Aufgrund
der Stellung der Gestirne setzen wir das "Gesicht"
durch die Wahl des "passenden" Mond, der
"passenden" Sonne, des "passenden"
Mars usw. zusammen.
Ähnlich wie bei den Gesichtern am Computerbildschirm
anschließend noch ein Zeichner helfen muß,
Feinheiten herauszuarbeiten, ist auch die Deutung des
Horoskops mit dieser ersten Zusammenstellung nicht
abgeschlossen, aber allein durch dieses "Puzzle-Spiel"
sind schon (grob überschlagen)
12x12x12x12x12x12x12x12x12x12x12
(10 Planeten sowie der Aszendent, jeder in 12 Variationen)
verschiedene "Gesichtsformen" herstellbar
.
In Kapitel 3 haben wir, neben den Planeten und den Tierkreiszeichen,
noch ein drittes Deutungselement kennengelernt: die
Felder (oder Häuser):
Während die Tierkreiszeichen grundlegende "Stilprinzipien"
(typische Bewegungs- und Strukturmuster) symbolisieren,
symbolisieren die Felder grundlegende "Erlebnis-Dimensionen"
(Themen, Lebensbereiche, Erlebnis-Felder).
Um welche Form von Leben es sich auch immer handeln
mag, es wird durch Leben erzeugt (denn nur Leben kann
wiederum Leben hervorbringen). Alles Leben hat also
Vorfahren (Eltern); alles Leben wird an einem bestimmten
Ort "geboren" (Heimat). Die Resonanz für
das Thema Herkunft, Vorfahren, Eltern, Heimat spiegelt
sich z. B. im 4. Feld wieder (der Abschnitt in Abbild
24, der direkt an das IC anschließt).
Um welche Form von Leben es sich auch immer handeln
mag, es wird hin-eingeboren in ein Kollektiv von Angehörigen
seiner Art. Bei höheren Lebensformen schließen
sich eine größere Zahl von Individuen zu
Gruppen zusammen (Herde, Stamm, Nation, usw.). Solche
Zusammenschlüsse geben sich (schon im Tierreich
) bestimmte "Regeln", wenn auch nicht "explizit".
Die Resonanz eines Individuums für das Thema Gesellschaft,
Normen, soziale Rolle, "Image" usw. spiegelt
sich z. B. im 10. Feld wieder (der Abschnitt in Abbild
24, der direkt an das MC anschließt).
Um welche Form von Leben es sich auch immer handeln
mag, es ist, um überleben zu können, angewiesen
auf Ressourcen, vor allem Nahrung. Die Resonanz eines
Indiduums für das Thema "materielle Existenzsicherung"
spiegelt sich z. B. im 2. Feld wieder.
Die Stellung eines Planeten in den Häusers symbolisiert
nun, wo der betreffende Planet sich primär manifestiert.
Steht der Planet Mars z. B. im zweiten Feld, dann richtet
sich die Aktivität und der Selbstbehauptungswille
dieses Mensch besonders auf die Thematik des zweiten
Feldes (also materielle Existenzsicherung). Er ist
besonders in diesem Bereich aktiv, hat hier eine besondere
Begabung zur Selbstbehauptung. Die Art seiner Aktivität
wird selbstverständlich davon abhängen, in
welchem Tierkreiszeichen sich der Mars befindet. -
Wenn Mars sich besonders in Angelegenheiten des zweiten
Feldes manifestiert, dann heißt das umgekehrt,
daß dieser Mensch, wenn das Thema materielle
Existenzsicherung angesprochen ist, spontan marsisch
reagieren wird.
Ich möchte hier besonders hervorheben, daß
der Mars selbstverständlich nicht ausschließlich
im Zusammenhang mit der materiellen Existenzsicherung
"gelebt" wird. Es ist allerdings das Thema,
auf das der marsische Impuls am leichtesten "anspricht".
Doch, vergessen wir nicht: Jeder Planet ist an jeder
Lebensäußerung beteiligt.
Befände sich nun, statt des Mars, der Saturn im
zweiten Feld, dann reagiert dieser Mensch auf die Thematik
des zweiten Feldes primär saturnisch. Er ist besonders
in diesem Bereich vorsichtig, hat hier eine besondere
Begabung, sich zu schützen. Es ist leicht einsehbar,
daß eine solche Position des Saturn, wenn sie
nicht im Gleichgewicht mit den anderen Kräften
gehalten wird, wenn sie also "übertrieben"
wird, zu Verhaltensweisen führen kann, die andere
Menschen als "Geiz" empfinden. Der Geiz jedoch
ist aus dieser Konstellation nicht ablesbar. Er ist
eine Möglichkeit, wenn die aus dieser Konstellation
folgenden "Antriebe" oder "Impulse"
nicht im Gleichgewicht gehalten werden können
mit den aus anderen Konstellationen folgenden Impulsen
(sei es der "jupiterhafte" Impuls zur Großzügigkeit
oder der sonnenhafte Impuls der Würde usw.).
Die noch fehlende Prise "Pfeffer": Die Aspekte
Wie in Kapitel 3 gesehen, bilden alle Planeten paarweise
(auf der Ekliptik, also im Tierkreis gemessen) Winkel
miteinander, von denen Astrologen bestimmte Gradzahlen
(die aus der Teilung des Kreises durch bestimmte ganze
Zahlen resultieren) als bedeutsam erachten, und die
sie Aspekte nennen. Ganz grob werden zwei Arten von
Aspekten unterschieden: die synthetischen und die analytischen.
Bilden z. B. Mars und Saturn einen analytischen Aspekt
miteinander, dann ist der betreffende Mensch (der Horoskop-Eigner)
besonders resonant (empfänglich) für die
in diesen beiden Impulsen liegenden Unvereinbarkeiten.
Er spricht leichter, als andere Menschen, auf Situationen
an, in denen die aus diesen beiden Impulsen resultierenden
Verhaltensweisen (tatsächlich oder auch nur vermeintlich)
unvereinbar sind. Es ist, wie wenn er eine bestimmte
Brille trüge, die manche Strukturen der Realität
überdeutlich hervortreten, andere Strukturen dagegen
weniger deutlich sichtbar sein läßt.
Er empfindet, ganz "instinktiv", einen Widerspruch
zwischen dem Impuls, sich zu behaupten, und dem Impuls,
sich zu schützen. Er hat das Gefühl: Wenn
man sich behaupten will (wenn man kämpft), dann
bringt man sich damit in (große) Gefahr. Wenn
man sich dagegen hauptsächlich zu schützen
versucht, wenn man versucht, Gefahren zu (ver)meiden,
dann zahlt man dafür den Preis, zurückstecken
zu müssen. "Das ist ein Naturgesetz!"
Bilden dagegen Mars und Saturn einen synthetischen Aspekt
miteinander, dann ist der betreffende Mensch, der Horoskop-Eigner,
besonders resonant für die in diesen beiden Impulsen
liegenden Ergänzungsmöglichkeiten. Er spricht
leichter, als andere Menschen, auf Situationen an,
in denen die aus diesen beiden Impulsen resultierenden
Verhaltensweisen sich (tatsächlich oder auch nur
vermeintlich) optimal ergänzen.
Er empfindet, ganz "instinktiv", daß
Selbstbehauptung und Selbstschutz eine Einheit bilden,
die sich am besten durch dem Wahlspruch "Angriff
ist die beste Verteidigung" ausdrücken läßt.
Auch er empfindet dies als ein Naturgesetz.
Erst mit zunehmender Reife lernen Menschen, daß
die Dinge, die sie für "Naturgesetze"
halten, ganz persönliche Sichtweisen, "Vorurteile"
sind. Jede dieser Sichtweisen ist "richtig"
(kann durch konkrete Erfahrungen meist "belegt"
werden). Es geht nicht um "richtig" oder
"falsch", sondern um die Fähigkeit zu
sehen, daß die eigene Sichtweise nicht allein
richtig ist. Es geht also nicht um ein Entweder - Oder,
sondern um das Erkennen des Sowohl - Als auch.
Ambivalenz, innerer Zwiespalt, ist eine Grund-Dimension
der menschlichen Existenz. Astrologisch spiegelt sich
diese Dimension in den analytischen Aspekten. Analytische
Aspekte sensibilisieren Menschen ganz allgemein für
Widersprüche, vielleicht könnte man auch
sagen: für Probleme. Ein Übermaß an
inneren Konflikten kann quälend wirken, insofern
verstehen wir vielleicht, warum die Menschen im Mittelalter
die analytischen Aspekte einfach die "schlechten"
Aspekte nannten. Doch gerade in der heutigen Zeit wird
deutlich, daß mangelndes Problembewußtsein
sehr gefährlich sein kann. Abgesehen davon, daß
kreative Menschen geradezu von einem gut entwickelten
Problembewußtsein leben: Ohne Problembewußtsein
gäbe es nur "Komödien" in den Theatern,
keine "Dramen". Die in den so ungeheuer beliebten
Kriminalromanen und -Filmen so wichtige Spannung ist,
astrologisch gesehen, zu einem großen Teil ein
"Produkt" analytischer Aspekte.
Die Kombination der einzelnen Elemente
Wenn ein Astrologe ein Horoskop deutet, dann kombiniert
er also zunächst Planeten und Tierkreiszeichen.
Er erhält auf diese Weise ein Bild über das
Temperament des Horoskop-Eigners. Im Alltag ordnen
wir den Menschen ein Temperament zu (wir sagen vielleicht:
"Dieser Mensch ist sehr träge."), von
dem wir denken, daß es den ganzen Menschen in
seiner Wesensart charakterisiert. Ein Astrologe ordnet
jeder einzelnen Antriebskraft im Menschen ein eigenes
Temperament zu. Die Art seiner Selbstbehauptung kann
durch einen ganz anderen Stil gekennzeichnet sein als
seine Art, sich gegen andere Menschen abzugrenzen (eine
Entsprechung des Saturns, wie wir noch sehen werden).
Jeder Planet symbolisiert also durch seine Position
in einem bestimmten Tierkreiszeichen eine in einer
ganz bestimmten Weise getönte Antriebskraft. Durch
die Stellung eines Planeten in den Feldern wird symbolisiert,
in welcher Sphäre des Lebens diese durch ein Tierkreiszeichen
in einer bestimmten Weise getönte Antriebskraft
sich nun akzentuiert auswirkt. So kann es sein, daß
ein Mensch im Bereich der materiellen Lebenssicherung
sehr aktiv, gar "kämpferisch" vorgeht
(Mars im Feld 2), doch wenn es um seine "soziale
Position" geht, seine "Image", ist er
vielleicht sehr vorsichtig oder gar ängstlich
(Saturn in Feld 10).
Hätte der betreffende Mensch nun zwischen Saturn
und Mars auch noch einen analytischen Aspekt, dann
würde er es besonders schwierig empfinden, sich
im materiellen Bereich gut durchsetzen zu können
und dabei gleichzeitig immer "gut angesehen"
zu sein. Er würde vielleicht sagen: "Man
muß sich entscheiden: Wenn Du ordentlich Geld
verdienen willst, dann kannst Du nicht gleichzeitig
bei jedem gut angesehen sein." Mag sein, daß
er Kind von Eltern aus der sog. linken "Szene"
ist und früh ein sehr negatives Image von den
sog. "Kapitalisten" vermittelt bekam. Wenn
er dann mit wachsendem Alter ein starkes Bedürfnis
(und Talent), "Geld zu machen" spürt,
kommt er in einen Konflikt. Es kann aber auch genau
so gut sein, daß er in einem "Kapitalisten-Elternhaus"
aufwächst, sich aber als Jugendlicher stark zu
der sog. "linken Szene" hingezogen fühlt.
Wie immer die konkreten Lebensverhältnisse aussehen
mögen: Er hat ein "instinktives" Bedürfnis,
in seinem Leben einen bestimmten Konflikt zu konstellieren,
dadurch daß er sich in bestimmte Situationen
bringt, für bestimmte Menschen resonant ist,
auf bestimmte Ideen (Gedanken, Weltanschauungen) besonders
anzuspricht: Den Konflikt zwischen Mars im zweiten
Feld und Saturn im zehnten Feld.
Hätte der betreffende Mensch dagegen einen synthetischen
Aspekt zwischen diesem Mars im zweiten Feld und dem
Saturn im 10. Feld, dann empfände er, daß
man gerade durch Erfolg im Materiellen sein Ansehen
besonders gut wahren kann. Ist dieser Mensch vielleicht
Kind "linker" Eltern, wird er in der Pubertät
möglicherweise "den ganzen sozialen Schwachsinn
seiner 'Alten'" als altmodisch abtun. Er orientiert
sich dann an einer anderen "Bezugsgruppe"
(als die linke Szene seiner Eltern), um seine Anerkennung
zu bekommen. Diese Anerkennung ist ihm (bei Saturn
im 10. Feld) auf jeden Fall ganz besonders wichtig,
daran ändert sich nichts.
Die zuletzt gegebenen Beispiele sollen zeigen, daß
man aus der Kombination von wenigen elementaren Grundprinzipien,
die in ihrer Bedeutung zunächst abstrakt erscheinen
mögen und so allgemein, daß daraus kaum
etwas "ganz Individuelles" entstehen kann,
doch zu sehr konkreten Deutungen kommen kann. Diese
konkreten Deutungen sind, wie im Text deutlich geworden
ist, mit sehr vielen "Vielleicht" oder "Könnte"
versehen. Die konkreten Deutungen sind Beispiele dafür,
wie sich eine Konstellation konkretisieren könnte.
Der Horoskop-Eigner kann, durch seine angeborene Fähigkeit,
zu verallgemeinern, in diesen Beispielen das Prinzip
seiner inneren Dynamik erkennen - wenn die Beispiele
passend gewählt sind.
Die Kunst des Astrologen besteht also darin, zunächst
durch die Deutung auf der "symbolischen Ebene"
dem Horoskop-Eigner deutlich zu machen, worum es eigentlich
geht. Da das, worum es eigentlich geht, tatsächlich
sehr allgemein ist und sich für viele Menschen
äußerst abstrakt und wenig lebensnah anhört,
veranschaulicht der Astrologe durch Beispiele, die
sich auf verschiedene Randbedingungen (verschiedene
Elternhäuser, vielleicht auch einmal verschiedene
kulturelle Zusammenhänge) beziehen, in welcher
Form sich das angesprochene Thema häufig bei Menschen
konkretisiert. Das Finden solcher (möglicher)
Entsprechungen zu einer gegebenen Konstellation ist
die eigentliche Kunst des Astrologen: sie verlangt
die Fähigkeit, in den vielfältigen Erscheinungen
des konkreten Lebens die Muster erkennen zu können,
die den astrologischen Symbolen entsprechen. Sie verlangt
die Phantasie, ein astrologisches Muster folgerichtig,
auf "treffende" (passende) Weise in ein konkretes
Beispiel übersetzen zu können.
Astro-Logik ist die Kunst, aus der symbolischen Grundbedeutung
einer Konstellation "folgerichtig" ("logisch")
zu immer konkreteren Entsprechungen fortzuschreiten.
Die Regeln dieser "Logik" sind nicht, wie
die Regeln der Logik in den Wissenschaften, formalisierbar.
Wir erlernen sie am Beispiel.
Wie auch in der Kunst gibt es bei diesem Prozeß
keine eindeutigen Regeln für richtig oder falsch.
Die Deutung eines Horoskops basiert auf "Interpretationen"
und hat damit die für jede Deutung eigentümliche
Eigenschaft, weder willkürlich noch zwingend zu
sein. Auch ein Kunstwerk ist nicht richtig oder falsch.
Es ist mehr oder weniger passend, mehr oder weniger
beeindruckend oder anregend.
Einen Menschen zu beschreiben ist nicht vergleichbar
der Lösung einer Mathematik-Aufgabe. Was immer
wir über einen Menschen sagen: Irgendetwas ist
daran immer richtig, wenn wir nur lange genug suchen.
Bei einer astrologischen Deutung besteht die Kunst
darin, die Akzente richtig zu setzen, denn jeder von
uns hat in seinem Horoskop alle Planeten, alle Tierkreiszeichen
und alle Felder.
In meinen Kursen erlebe ich immer wieder, daß
meine Schüler eine treffende Deutung sehr wohl
erkennen können. Bei einer wirklich guten Deutung
sind sich immer alle im Kurs einig. Irgendwie spüren
sie: Ja, das ist treffend. Es ist für sie sehr
schwer, in Worte zu fassen, warum sie sich so sicher
sind.
In den Naturwissenschaften haben wir Maßstäbe:
Wir haben "Meßgeräte", die bestimmte
Parameter "objektiv" messen. Diese Messungen
erlauben uns, bei einer Theorie zwischen richtig und
falsch zu unterscheiden. In der Kunst, in der Psychotherapie
und in der Astrologie ist der einzige Maßstab
(das einzige "Meßgerät") wiederum
ein Mensch, weil die Dinge, die dort "gemessen"
werden sollen, so komplex sind, daß an die Stelle
eines Meßgerätes das "menschliche Urteil"
gesetzt werden muß. Und menschliche Urteile sind
nicht so "eindeutig" wie Ausschläge
eines Zeigers an einem Gerät.
Auch die "Eigenschaften" selbstorganisierender
Systeme lassen sich nicht mehr "messen".
Sie lassen sich nur "beschreiben". Je komplexer
die untersuchten Systeme, je mehr muß man auf
Eindeutigkeit verzichten.
Die Kunst in der Kunst und in der Astrologie besteht
darin, diese mangelnde Eindeutigkeit nicht als Vorwand
für "Beliebigkeit" zu nehmen. Bei Kunstwerken
dauert es manchmal Jahrhunderte, bis die "Größe"
eines Entwurfes von den Menschen erkannt wird. Bei
astrologischen Deutungen kann es durchaus einmal Jahre
dauern, bis ein Mensch die "Wahrheit" einer
Deutung zu erkennen sich traut. Manchmal ist aber auch
die Deutung einfach falsch - vielleicht deshalb, weil
der deutende Astrologe seine Kunst nicht gut genug
beherrschte - vielleicht, weil die Geburtszeit versehentlich
falsch notiert wurde (beim Standesamt) oder weil es
keine "natürliche Geburt" war - vielleicht
aber auch, weil der Zusammenhang Kosmos - Mensch kein
"mechanischer" Zusammenhang ist, nicht mit
der Regelhaftigkeit eines Uhrwerks funktioniert, Unwägbarkeiten
enthält, prinzipielle Ungewißheiten, wie
wir sie mittlerweile ja sogar auch den Naturwissenschaften
kennen : So können wir es bisher z. B. nicht ausschließen,
daß es vielleicht Menschen gibt, die für
die "Melodie der Planeten" taub sind.
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