Kapitel 5: "Legierungen"
Das Horoskop ist eineGestalt. Die Elemente des Horoskops
dürfen daher nicht isoliert gedeutet werden, da
alle Elemente wechselseitig aufeinander bezogen sind.
Die Bezogenheit der einzelnen Konstellationen aufeinander
läßt sich sehr gut veranschaulichen an den
drei persönlichsten Faktoren des Horoskops: Aszendent,
Mond und Sonne. Diese drei Horoskop-Faktoren bilden
eine elementare Grundstruktur, die wesentliche Bereiche
der Individualität eines Menschen (wenn auch zunächst
vereinfachend) anspricht und zu einer Ganzheit vorstrukturiert.
Die "Legierung" von Aszendent, Mond und Sonne
Der Aszendent steht dabei, wie in Kapitel 4 erläutert
wurde, für die habituellen Muster dieser Person,
den Stil ihres Sich-in-der-Welt-Bewegens, die äußere,
zuerst sichtbare Seite ihres Verhaltens. Der Mond eröffnet
etwas über die emotionale Bedürfnisstruktur
des betreffenden Menschen, seine "Resonanzfähigkeit"
im Kontakt mit anderen, in gewissem Sinn eine Schicht
"unter" der des Aszendenten: die Art der
Reaktion, der Stil des Handelns im Falle emotionaler
Beteiligung. Die Sonne schließlich erlaubt Rückschlüsse
auf die "Geisteshaltung", auf bewußte
Werthaltungen und das damit meist verbundene Ich-Ideal.
Aus diesem Ideal resultierende Handlungen haben nicht
den gleichen Grad an "Reflexhaftigkeit" wie
etwa die habituell eingespielten Muster, die aus dem
Aszendenten ableitbar sind. Die Sonne zeigt sich mehr
darin, wie ich zu bestimmten Dinge stehe, nicht so
sehr darin, wie ich mich gebe.
Das erste Beispiel sei ein Mann mit dem Aszendenten
im Zeichen Widder und der Sonne im Zeichen Krebs. Stellen
wir uns nun vor, dieser Mann werde verbal oder körperlich
angegriffen ("angepöbelt"): Noch bevor
er einen Gedanken gefaßt hat, wird er reflexartig
dem Gegner vielleicht einen Kinnhaken verpaßt
haben; er tendiert zu sehr heftigen Reaktionen, und
zu "aggressivem" Verhalten . "Zu Hause"
(oder: Zur Ruhe gekommen) mag er sich dann Vorwürfe
machen, mag sich überlegen, daß diese Reaktion
gar nicht nötig gewesen wäre, daß der
andere es eigentlich doch gar nicht so bös gemeint
hatte, daß er die Situation doch auch hätte
friedlich beilegen können ...
Dieser Konflikt dürfte besonders intensiv erlebt
werden, wenn zwischen Sonne und Aszendent ein Quadrat
besteht.
Eine andere Variante des gleichen Prinzips könnte
so aussehen: Der Mann versucht zwar tatsächlich
sogleich "inhaltlich" eine friedliche Beilegung
der Sache anzustreben, tritt aber dabei kämpferisch,
fordernd auf, demonstriert also in Gestik, Tonfall,
Mimik usw. (also im Stil seines Verhaltens) seine durchaus
vorhandene Kampfbereitschaft. Er wäre in diesem
Fall so ein wenig der Vertreter der Gattung "Rauhe
Schale, weicher Kern".
Dies Verhalten würde sicher leichter gelingen,
wenn die Sonne ein Trigon auf den Aszendenten werfen
würde.
Nun nehmen wir als zweites Beispiel den umgekehrten
Fall, also jemanden mit dem Aszendenten im Zeichen
Krebs, der Sonne dagegen im Widder, und gehen davon
aus, daß er in die gleiche Situation gestellt
ist. Hier nun würde ich erwarten, daß der
Betreffende sich spontan eher zurückhaltend verhält.
Er wird also, wenn er "angerempelt" wurde,
zunächst vielleicht eher schüchtern erscheinen,
vielleicht auch ängstlich, wohl spürend,
daß der andere eine Auseinandersetzung sucht.
Dieser Mann mag sich "zu Hause" dann vielleicht
genau gegenteilige Vorwürfe machen, mag sich vorhalten,
daß er sich das nicht hätte gefallen lassen
dürfen, daß er dem anderen hätte einen
Kinnhaken verpassen sollen usw. Seine bewußte
Werthaltung (Sonne im Widder) erlebt Kampfbereitschaft
als etwas Positives, assoziiert mit Begriffen wie Mut.
Von daher mag er sein eigenes Verhalten als Schwäche
oder Feigheit deuten.
Auch dieser innere Konflikt würde sicher bei einem
Quadrat von Sonne zum Aszendenten dramatisiert.
Oder aber, er mag von Beginn an, seinen bewußten
Werthaltungen folgend, kampfbereit sein, mag dem anderen
durch seine Entschiedenheit deutlich signalisieren,
daß er vor einem Kampf keineswegs zurückschrekken
wird, mag aber gleichzeitig so etwas wie "guten
Willen" zeigen, vielleicht durch Bemerkungen wie:
"Komm, mein Junge, laß die Späße!"
oder vielleicht auch: "Wenn Du eine Schlägerei
brauchst, dann such Dir gefälligst jemand anderen!"
Auch hier würde diese Form des Verhaltens wahrscheinlicher,
wenn die Sonne im Trigon zum Aszendenten stünde.
Wenn ich in diesem Sinne die Dreiheit von Aszendent,
Mond und Sonne deute, dann kommt "Leben"
in die Beschreibung. Nachvollziehbare Differenzierungen
zwischen Spontan-Verhalten und Ich-Ideal, zwischen
"mehr äußerlich (reflexartig)"
und "mehr bewußt (entschieden)" führen
weg von etikettierenden Deutungen ("Sie sind ein
einfühlsamer Mensch"), führen dagegen
hin zu Verhaltens-Figuren, typischen Abläufen,
also zu Prozeß-Beschreibungen.
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