Kapitel 5: Ein Muster-Gutachten
Das nun folgende Gutachten wurde im Jahre 1980 für
einen damals 12jährigen Jungen im Auftrage der
Eltern erstellt. Es handelte sich um eine sog. "Blinddiagnose",
d. h. es gab keinen persönlichen Kontakt zwischen
mir (dem Gutachter) und dem Kind.
Ich habe es mir zur Regel gemacht, die (ggf. schriftliche)
Einwilligung eines Kindes einzuholen, bevor ich einen
Auftrag von Eltern annehme, ihnen das Horoskop ihres
Kindes zu deuten, wenn das Kind 14 Jahre alt oder älter
ist. Bei jüngeren Kindern hat diese Maßnahme
wenig Sinn, da es für die Eltern kein Problem
darstellt, ein Kind zur Abgabe einer solchen Einwilligung
zu bewegen.
Bei der Abfassung des Gutachtens versuche ich, mich
gegenüber den Eltern zum Anwalt des Kindes zu
machen, d. h. um Verständnis für seine Art
zu werben. Dabei ist es wichtig, mögliche "Charakterschwächen"
(das charakterliche Niveau ist aus dem Horoskop allein
nicht erschließbar, ebensowenig wie das Intelligenz-Niveau)
anzusprechen, sie aber in einen Kontext zu stellen,
der einen sinnvollen erzieherischen Umgang damit ermöglicht.
Um die Deutung in Ansätzen nachvollziehbar zu machen,
wurden die Konstalltionen, auf die sich die einzelnen
Passagen der Deutung beziehen, mit angegeben (als Fußnoten
- nur im Reclam-Bändchen).
Die Horoskopzeichnung (Farbe, ca. 34 KB - bitte die Grafik "anklicken")
Das Gutachten
Sehr geehrte Eltern
Die Deutung eines Kinderhoroskops im Auftrage der Eltern
ist immer eine besondere Verantwortung und auch eine
besondere Schwierigkeit, weil man ja nicht wissen kann,
auf welchen Boden sie fällt.
Mir ist es deshalb wichtig, Sie nocheinmal auf die Passagen
meiner Broschüre hinzuweisen, die sich mit den
Aussagegrenzen des Horoskops befassen: Weder das Intelligenz-Niveau
noch ein "guter" oder "schlechter"
Charakter sind aus dem Horoskop ablesbar. Was man beschreiben
kann, sind Möglichkeiten bzw. Gefährdungen,
die mit bestimmten Eigenheiten zusammenhängen
können, und man kann versuchen, die Grundlagen
dieser Eigenheiten zu erfassen.
Ihr Sohn ist ein anspruchsvolles Kind, und er will hoch
hinaus.
Es verlangt von den Eltern viel Fingerspitzengefühl,
einerseits den Geltungsdrang des Kindes etwas zu bremsen,
andererseits aber seinen empfindlichen Stolz dabei
nicht zu verletzen. Ein Astrologe sagte einmal: "Sie
können von einem Löwen viel erwarten; bitte
versuchen Sie aber nicht, ihn ausgerechnet zu Bescheidenheit
zu erziehen." Dies gilt sicher auch für Ihren
Sohn. Sie würden ihn zur Verleugnung seines Wesens
zwingen, wollten Sie ihn zu Bescheidenheit oder gar
Unterwürfigkeit anleiten, und Sie würden
ihm damit sehr schaden.
Andererseits wäre es ebenso gefährlich, ihn
in seinen sicherlich schon früh zutage tretenden
selbstüberschätzenden Haltungen zu unterstützen.
Es kommt im Gegenteil darauf an, ihn ohne Abwertung
und Moralisieren diese Haltung bewußt zu machen,
ihn darauf aufmerksam zu machen, was er da tut, ihm
zu zeigen, daß man es bemerkt, und ihn so zu
Selbstkritik anzuregen. Sicher wird ihm diese Selbstkritik
leichter fallen, wenn man ihm vermittelt, daß
Selbstkritik eine Fähigkeit ist, zu der Mut gehört,
und daß sie außerdem nicht für seinen
Stolz abträglich zu sein braucht.
Ihr Sohn hat einen großen Leistungsehrgeiz, und sicher auch eine große Leistungsfähigkeit,
hat Einsatzbereitschaftabd, zeigt Begeisterungsfähigkeit
für ein Ziel bzw. eine Aufgabe und kann auch bei
Widerständen durchhaltene, wenn er vom Wert seines
Tuns im Innersten überzeugt ist. Seine Risikobereitschaft
und seine Lust am Abenteuer wird ihn zu mancher Tollkühnheit
verleiten, nicht zuletzt wohl auch, um Kameraden
damit zu beeindruckenbe. Dieses "Sich-in-eine-Sache-stürzen"
kann im späteren Leben die Form annehmen, daß
er in Bereiche eindringt, die er nicht zu halten vermag
-etwa im Beruf-, sich an Aufgaben wagt, die zwar "ehrenvoll"
sind, mit denen er sich aber schlicht übernimmt.
Manchmal hat er aber auch einfach nicht die Geduld,
bis zum Erreichen der von ihm angestrebten Ziele abzuwarten,
möchte die Früchte seiner Arbeit (insbesondere
im Hinblick auf die damit verbundene Geltung) schneller
haben. Vor diesem Hintergrund muß man wohl manche
Prahlerei oder sogar evtl. vorkommende Lügen als
Vorwegnahme angestrebter Erfolge betrachten. Die beste
Reaktion darauf ist sicher, einerseits Verständnis
für seine Ungeduld zu zeigen ("Das ist das,
was Du anstrebst und vielleicht auch erreichen wirst;
und es fällt Dir schwer, zu warten, bis Du wirklich
soweit bist."), andererseits ihn aber (doch ohne
"moralischen Zeigefinger") auf die Unangemessenheit
hinzuweisen, evtl. auch an seinen Stolz zu appellieren,
etwa in dem Sinne: "Du hast es doch nicht nötig,
aufzubauschen."
Es ist nur ein kleiner Schritt vom harmlosen "Jägerlatein":
Ein Ausschmücken und Interessanter-Machen (und
damit natürlich auch sich selbst etwas interessanter
machen), zur Prahlerei mit regelrechten Unwahrheiten,
und von dort ist es nur noch ein Schritt zum regelrechten
Betrug an der Mitwelt. Im Kindesalter geht häufig
alles noch ineinander über und deutet oft einfach
auf eine noch nicht kontrollierbare Phantasietätigkeit.
Für die Eltern ist wichtig, immer wieder geduldig
auf "die Realität" hinzuweisen, die
Folgen solcher Handlungen zu erklären (etwa Vertrauensverlust
bei den Mitmenschen oder aber die Gefahr, sich lächerlich
zu machen). Ebensowichtig ist aber, dabei möglichst
nie Angst zu machen, sondern es einfach zu erklärena.
Eine andere Sache ist, ob nicht Sie als Eltern ungewollt
solche Verhaltensweisen vielleicht unterstützen,
weil Sie "ehrgeizig für Ihre Kinder"
sind, Ihrem Sohn evtl. das Gefühl geben, daß
er so richtig nur akzeptiert wird, wenn er auch etwas
leistet.
Fatal wäre aber auch das Gegenteil: daß Sie
nämlich seinen Leistungsstolz dadurch enttäuschen,
daß Ihnen scheinbar gar nichts an Leistungen
liegt. Es kommt, wie immer, auf das rechte Maß
an, und Sie müssen wissen, daß Ihr Sohn
gern beachtet (auch bewundert) werden möchte,
und dazu muß man auf etwaige Erfolge auch wirklich
eingehen.
Es ist verständlich, daß ein Kind mit einem
empfindlichen Stolz es schwer hat, begangene Fehler
einzusehen, was im Erwachsenen- aber auch schon im
Jugendalter zu rechthaberischen Verhaltensweisen führen
kann. Er hat zwar ein gut entwickeltes Gerechtigkeitsgefühl,
doch es gibt ein Nietzsche-Wort, das hier vielleicht
paßt: "`Das hast Du getan`, sagt Dein Gedächtnis.
`Das kannst Du nicht getan haben`, sagt Dein Stolz.
Endlich - gibt Dein Gedächtnis nach."
Es ist hier wichtig, ihm vorzuleben, wie man einen Fehler
akzeptieren und einsehen kann, ohne daß damit
der eigene Selbstwert in Frage gestellt wird. Ein gutes
Übungsfeld bietet dafür bei Kindern noch
das Spiel: dort geht es nämlich um die Fähigkeit,
gelassen ein Verlieren zu akzeptieren. (Löwe-Thema)
Nun könnte ich mir vorstellen, daß Ihr Sohn
zuweilen eine Handlungsweise auch da für sich
beansprucht, wo er sie anderen nicht unbedingt zubilligt.
Das hängt damit zusammen, daß er sich im
Innersten als "etwas Besonderes" empfindet
und daraus auch gewisse Privilegien ableitet, die er
schon von vornherein zu haben glaubt, einfach deshalb,
weil er der ist, der er ist, die er sich also nicht
etwa erst verdienen muß. Es ist möglich,
daß diese Haltung an ihm gar nicht so auffällt,
weil er diese Privilegien nicht in dem Sinne direkt
fordert, sondern weil sie eine so selbstverständliche
Erwartung von ihm sind, daß sie auch oft von
der Umgebung erfüllt werden.
Im Verhalten seinen Altersgenossen gegenüber äußert
sich seine Überzeugung von der Einzigartigkeit
seines Wesens am ehesten in einem selbstverständlichen
Führungsanspruch, der vermutlich von den Altersgenossen
auch akzeptiert wird, weil Ihr Sohn die notwendige
Aggressivität besitzen dürfte, diesen Anspruch
auch durchzusetzen. Doch hängt dies ein wenig
von seiner körperlichen Konstitution ab, denn
im Kindesalter zählt noch am ehesten die körperliche
Stärke. Ist diese Konstitution eher schwach, so
fehlt ihm natürlich der Hebel für die Durchsetzung
seiner Ansprüche.
Darauf sind zwei Reaktionen möglich: Zum einen
ist er u.U. sehr geschickt, Gruppenprozesse, Situationen
günstiger Art für sich auszunützen,
ohne daß es zu einem offenen Konflikt kommen
muß. Er kann dann auch mal warten auf einen günstigen
Moment, und manchmal mag es ihm auch reichen, "im
Hintergrund" die Fäden in der Hand zu halten,
in gewissem Sinne unbemerkt seinen Willen durchzusetzen.
Zum anderen ist es möglich (was ich aber für
unwahrscheinlich halte), daß er zwar innerlich
von der Berechtigung seines Anspruchs überzeugt
ist, diese Überzeugung aber keiner Bewährungsprobe
aussetzt. Es bleibt dann ein "heimliches Prinzentum",
um das nur er weiß.
Dieser letzte Fall könnte Ursache ernster Kontaktschwierigkeiten
sein, es käme zu Absonderungstendenzen von anderen
aus dem Gefühl heraus, von denen nicht verstanden
(was auch heißt: nicht gebührend gewürdigt)
zu werden, und später im Alter kann aus einer
solchen Haltung regelrecht Einsamkeit werden.
Es ist wichtig, bei Ihrem Sohn schon früh Verständnis
für das außerhalb seines Wesens liegende
zu fördern, für die Fähigkeit, sich
in andere hineinzudenken und dabei evtl. auch vorzustellen,
wie wohl das eigene Verhalten auf anderen wirken mag.
Der Hintergrund all dieser Probleme, die ich Ihnen hier
so ausführlich schildere, ist bei Ihrem Sohn eine
besondere Sensibilität für die Frage: Wer
bin ich? Hinter diesem Gefühl, etwas Besonderes
zu sein, steckt geradezu eine Angst, er könnte
so gewöhnlich sein wie andere. Für manche
Menschen macht es keine Schwierigkeiten, sich vorzustellen
und dies auch zu akzeptieren: Ich bin ebenso wie andere
auch. Für Ihren Sohn ist das anders, besonders
wohl auch jetzt in der Pubertät: er kann nicht
leben mit der Vorstellung, einer von ganz vielen, ein
Wassertropfen im Meer zu sein. Man könnte es als
eine Aufgabe seines Horoskops bezeichnen, daß
er im laufe seines Entwicklungsprozesses den tieferen
Sinn dieser Angst verstehen lernt und sie damit überwindet.
Hinzu kommt, daß Ihr Sohn, wie ich es ja auch
schon beschrieben habe, ein starkes Gespür für
Machtverhältnisse hat, das Bedürfnis zeigt,
bestimmend auf andere Menschen einzuwirken, im Gegensatz
dazu aber Einschränkungen seiner Handlungsfreiheit
oder seines Kompetenzbereichs nahezu als eine Art "Majestätsbeleidigung"
empfindet. Menschen wie er handeln oft wie aus einem
höheren Auftrag heraus, was ihnen eine absolute
Überzeugung von Wert und Würdigkeit der von
ihnen vertretenen Sache gibt.
Für seinen späteren Beruf bedeutet das u.a.,
daß er mit der Unterordnung Probleme haben wird.
Er braucht in seinem Beruf einen Bereich, über
den er "herrschen" kann, einen eigenen "Machtbereich",
in den ihm niemand hineinreden kann und darf. Einzig
eine "echte" Autorität, die sich sowohl
durch Qualifikation als auch durch eine "hohe
Geisteshaltung" als berechtigte Autorität
ausweist, wird er als Führung wirklich anerkennen.
In seinem Innersten sucht er eine solche Autorität
auch, wünscht sich ein solches Vorbild (was im
Kindesalter noch der Vater sein kann, doch wird um
die Pubertät herum meist der Vater als Vorbild
abgelöst - dies kann für den Vater u.U. ein
recht schmerzhafter Prozeß sein, der aber gut
und notwendig ist!). Für eine Übergangsphase
können Idole verschiedenster Art an die Stelle
treten. Seinem Wesen nach ist er allem "Höheren"
geöffnet, was konkret sehr Verschiedenes sein
kann, und für ihn wird die Frage nach dem "Sinn"
seines persönlichen Lebens immer einen besonderen
Stellenwert haben.
Diesen "Sinn" kann man außen suchen
und innen, und manchmal sucht man etwas, ohne selbst
zu wissen, daß es die Frage nach dem Sinn des
eigenen Lebens ist. Vielleicht wird er, fernhungrig
wie er ist, weite Reisen machen und seinen Gesichtskreis
so zu erweitern suchen. Er hat ohnehin das Gefühl,
daß die Verhältnisse zu Hause bzw. in der
Heimat für ihn "zu eng" sind. Er sucht
Weite, Fülle an Möglichkeiten, seine Sicht
ist die auf "große Linie".
Ist er mehr der "geistige" Typ, so führt
ihn die Sicht auf große Linie wohl bald zu weltanschaulichen,
evtl. religiösen, später wahrscheinlich politischen
Fragestellungen. Ihr Sohn sucht nach "Bedeutung"
in seinem Leben, was auch heißen kann, nach einem
"bedeutenden" Leben, und deshalb ist es für
ihn so unmöglich, sich als "Rädchen"
vorzustellen, denn mit einem Rädchen ist die Vorstellung
von Bedeutungslosigkeit verbunden.
Natürlich liegt bei seinem Gespür für
Macht der Gedanke an politische Tätigkeit nahe.
Im Kindesalter äußert sich diese Richtung
evtl. in frühem Interesse an Geschichte, Geografie,
später dann auch an rechtlichen und in weiterem
Sinne philosophischen Fragen. In der einen oder anderen
Form sucht er ohnehin die Auseinandersetzung mit "kollektiven
Kräften" oder mit den Trägern kollektiver
Meinungsbildungen (was Autoritätspersonen an der
Schule sein können, später an Institutionen
politischer Art - es könnte aber auch in Richtung
religiöser Institutionen gehen). Hier wird sich
dann seine "Lust an Diskussionen" (im Sinne
von "Streit"-Gesprächen) austoben können,
hier kann seine "Lust an der Kritik", die
Fähigkeit, mit sezierender Schärfe einen
Gegner "auseinanderzunehmen" ein Feld finden,
denn in der Politik ist Polemik ja durchaus gefragt.
In all diesen Dingen spielt eine große Rolle immer
wieder das Verhältnis von Ideal und Wirklichkeit,
von Schein und Sein. Mit untersuchendem Spürsinn
entdeckt er "Risse" im schönen Schein,
kann mit sehr viel "moralischem Vorwurf"
alle möglichen Unsauberkeiten aufdecken und kann
die Sprache als ein Mittel der Aggression verwenden,
sei es durch Schroffheiten, die er als Wahrheitsliebe
ausgibt, sei es durch Haarspaltereien.
Besonders stark reagiert er wahrscheinlich auf "Mißbrauch
von Macht", wobei er u.U. genau das anprangert,
was in seinem eigenen Wesen als Gefahr durchaus angelegt
ist.
Auf der anderen Seite hat er aber auch echte Toleranz:
Jeder soll nach seiner eigenen Facon selig werden können.
Er ist einfach in einem Konflikt zwischen Kompromißbereitschaft,
auch einer Großzügigkeit (die aus einem
inneren Gefühl von Würde erwächst) und
auf der anderen Seite Angriffslust, Spaltungstrieb.
Die politische Szene ist m.E. zwar ein "geeigneter"
Ort für das Ausleben all der beschriebenen Seiten,
doch muß es nicht sein, daß Ihr Sohn diese
Möglichkeit aufsucht. Es kann sein, daß
er z.B. aus moralischen Gründen diese Probleme
in den religiösen Bereich verlagert, es kann aber
auch sein, daß er diese Probleme überhaupt
nicht bewußt erlebt.
In diesem Fall äußert sich alles mehr indirekt:
Ist er z.B. Kaufmann, so stellt er sich am ehesten
wohl die Position des "Unternehmers" vor
und denkt an "Welthandel". Eine andere Möglichkeit
ist die, daß er als Kaufmann mit den Dingen,
die ich oben beschrieben habe, als Ware zu tun hat,
z.B. in den Bereichen der sog. Kulturindustrie. Wäre
er Musiker, was ich mir nicht vorstellen kann, dann
würde er es in Richtung Solist versuchen (nicht
als Ensemble-Musiker jedenfalls) oder aber, noch besser,
als Dirigent.
Man kann das "Höhere", nach dem man strebt,
in einem mehr geistigen Sinn verstehen oder in einem
mehr sozialen Sinn (als "hohes Prestige"
etwa). Doch immer geht es um ein Grundproblem: meinem
Leben eine "Bedeutung" geben zu können,
und das heißt eigentlich: einen Sinn.
Zu seinem Zuhause, seinen Eltern und evtl. Geschwistern,
hat er ein eher gleichmütiges Verhältnis.
Blutsverwandtschaft ist ihm eher eine Bürde: er
zieht die Wahlverwandtschaft vor, die Gemeinschaft
aufgrund gleicher Ideen, gleicher Ziele oder gleicher
Wesensart. Er möchte sich die Menschen, mit denen
er zusammenlebt, gern selbst aussuchen, empfindet es
als Einschränkung seines Selbstbestimmungsrechtes,
daß "einfach durch Geburt" schon bestimmte
Menschen für ihn wichtig sein sollen. Es ist von
daher zu erwarten, daß er sein Zuhause relativ
früh verläßt.
Doch sein Verhältnis zu seiner Heimat, zur Sphäre
seiner Herkunft, ist nicht bindungslos. Im Gegenteil
wird sie immer in seinem Leben wichtig bleiben, doch
mit einer bestimmten Tönung, die vermutlich eher
etwas Kühles hat, die für ihn verbunden ist
mit dem Gefühl von Eingeschränkt-Sein. Das
Verhältnis zu ihr mag von Verantwortung geprägt
sein, kaum wird es aber von Liebe geprägt sein.
Inwieweit Sie als Eltern dazu beigetragen haben, können
nur Sie selbst entscheiden. Es scheint, als sei durch
irgendwelche Umstände in früher Kindheit
sein "Schutzbedürfnis", das ein Kind
braucht, um sich frei entwickeln zu können, nicht
in dem Maße befriedigt worden, wie er es gebraucht
hätte, daß er sich vielleicht (z.T. evtl.
durch sein eigenes Verhalten provoziert?) auch nicht
wirklich geliebt vorkam, sondern eher das Gefühl
hatte (haben konnte?), daß zwar verantwortlich
und korrekt aber vielleicht nicht liebevoll genug um
ihn gesorgt wurde.
Es kann aber auch ganz anders sein, daß nämlich
durch "Schicksal" trotz bester Bemühungen
der Eltern seine frühe Kindheit Belastungen ausgesetzt
war (vielleicht durch Trennungszeiten o.ä.). Was
bleibt ist jedenfalls eine gewisse Ablehnung familiärer
Intimität, die aus Angst entsteht, denn er braucht
und sucht die Nähe und Sicherheit eigentlich.
Bei manchen Menschen äußert sich dies dann
auch indirekt: sie kaufen Land als ein Symbol für
häusliche Sicherheit.
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