Kapitel 6.2: Die Arbeiten der GAUQUELINs Es ist unmöglich, hier eine vollständige Übersicht über das mehr als 40jährige Schaffen Michel GAUQUELINs und seiner Frau Francoise zu geben. Ohne auf Einzelheiten der sehr komplexen statistischen und demographischen Methodenprobleme einzugehen, sollen einige Ergebnisse dargestellt werden, die mittlerweile "klassisch" zu nennen sind, u.a. den sog. "Mars-Effekt" in den Horoskopen von Sport-Champions, der in mehreren (von GAUQUELIN unabhängigen) Untersuchungen mit Daten aus verschiedenen Ländern immer wieder repliziert werden konnte. Die astronomischen Grundlagen In der Astrologie werden zwei verschiedenen Bewegungen der Gestirne unterschieden: Eine Bewegung der Planeten durch den Tierkreis, die auf der Revolution der Planeten um die Sonne beruht; eine andere Bewegung von Aufgang-Kulmination-Untergang eines jeden Planeten, die auf der Rotation der Erde um sich selbst beruht. GAUQUELINs Arbeiten beschäftigen sich (nach erfolglosen Versuchen, die Bedeutung der Tierkreiszeichen statistisch zu erhärten) nahezu ausschließlich mit dieser zweiten Bewegung der Planeten. In der astrologischen Tradition hat ein Planet, der gerade aufgeht, eine besondere Bedeutung. Man sprach im Mittelalter davon, daß jemand ein "Jupiter-Kind" oder ein "Mars-Kind" sei, wenn Jupiter oder Mars im Moment der Geburt gerade am Horizont aufgegangen waren - diese Planeten-Kinder-Typologie war damals ähnlich populär wie die heutige Tierkreiszeichen-Typologie (STRAUSS, ohne Jahresangabe). Ebenso hat die Stellung eines Planeten in der Kulmination (am höchsten Punkt des Himmels) astrologisch schon immer eine besondere Bedeutung gehabt - analog der Mittagsstellung der Sonne, der Stellung der intensivsten Sonneneinstrahlung. Für seine Untersuchungen unterteilte GAUQUELIN den durch die Rotation der Erde entstehenden scheinbaren Bogen, den jeder Planet am Himmel zieht, beginnend vom Moment des Aufgangs dieses Planeten an, in 36 Abschnitte ("Sektoren"), die so gewählt sind, daß jedem Abschnitt im Durchschnitt die gleiche Aufenthaltsdauer des Planeten entspricht (siehe Abbild 2, Einzelheiten siehe in GAUQUELIN 1983, genauer in GAUQUELIN 1957, eine kurze Zusammenfassung der astronomischen Probleme gibt MÜLLER 1986). Seine Methode besteht darin, für jede untersuchte Person anhand der Geburtsdaten auszurechnen, in welchem Sektor sich die einzelnen Planeten im Moment der Geburt dieser Person befunden haben.
Bei einer genügend groß gewählten Zufalls-Stichprobe von Personen ergibt sich, daß für jeden Planeten und jeden der 36 Sektoren eine gleiche Aufenthaltswahrscheinlichkeit besteht. Diesen Sachverhalt veranschaulicht die Grafik in Abb. 2: Die Häufigkeit, mit der ein bestimmter Planet in einer untersuchten Gruppe im Moment der Geburt in einem bestimmten Sektor zu finden war, wird durch den Abstand vom Mittelpunkt symbolisiert. Bei einer gleichmäßigen Verteilung auf alle 36 Sektoren erhält man dann (nahezu) einen Kreis (ein regelmäßiges 36-Eck). Der Kreis veranschaulicht also die "theoretische Verteilung" (die Zufalls-Erwartung). Der "Mars-Effekt" Bei der Untersuchung verschiedener Berufsgruppen stellte GAUQUELIN nun statistisch auffällige Abweichungen in der Verteilung bestimmter Planeten auf die Sektoren fest: So befand sich z. B. der Planet Mars bei einer Gruppe von 576 Mitgliedern der französischen Akademie für Medizin zur Zeit ihrer Geburt wesentlich häufiger in den Sektoren nach dem Aufgang und nach der Kulmination als es bei einer Zufallsverteilung zu erwarten wäre, ebenso auffällig war die Verteilung des Planeten Saturn. Im Sinne der mittelalterlichen Planeten-Kinder-Typologie wären diese Ärzte also vorwiegend "Mars-Kinder" und/oder "Saturn-Kinder" gewesen. *116 Es ist für die Wertung dieses Ergebnis wichtig, zwei Dinge hervorzuheben: Zum einen verwendeten die GAUQUELINs für ihre Studien nur die Geburtsdaten von Menschen, die in dem von ihnen untersuchten Beruf hervorragendes geleistet hatten. Sie wurden dabei von der Vorstellung geleitet, daß bei solchen Menschen die für diesen Beruf typischen Merkmale in besonders ausgeprägter Form vorhanden und damit leichter nachweisbar sein müßten *117. Zum anderen ist das Erstaunliche an ihrem Resultat (und späteren Resultaten), daß die zu den jeweiligen Berufsgruppen gefundenen Planeten in ihrer symbolischen Bedeutung gut mit dem übereinstimmten, was man als typisch für den entsprechenden Beruf ansehen kann. Etwas vereinfacht ausgedrückt, haben die GAUQUELINs auf statistischem Wege die mittelalterliche Planeten-Kinder-Typologie in wesentlichen Teilen bestätigt. Die GAUQUELINs untersuchten die verschiedensten Berufsgruppen mit Daten aus verschiedenen europäischen und außereuropäischen Ländern. Sie sammelten zu diesem Zweck standesamtlich gesicherte Geburtsdaten von mehr als 20.000 berühmten Persönlichkeiten, die sie, um die Nachprüfung ihrer Ergebnisse zu erleichtern, in regelmäßigen Abständen veröffentlichen (GAUQUELIN 1970, 1971, 1982, 1984). Zu den von ihnen untersuchten Berufsgruppen zählen Sportler, Militärs, Politiker, Wissenschaftler, Schauspieler, Schriftsteller, Maler, Musiker, (Wirtschafts-) Manager und Mediziner. Von jeder Berufsgruppe wurden nur "hervorragende" Vertreter in ihre Untersuchungen einbezogen: Mitglieder der Akademie der Wissenschaften, Sport-Champions, preisgekrönte Künstler usw. Für jede Berufsgruppe untersuchten sie die Verteilung der Planeten auf die von Michel GAUQUELIN definierten Sektoren (s.o.). In Abb. 3 sieht man die Verteilung des Planeten Mars für eine Gruppe von etwa 2.000 Sport-Champions (durchgezogene Linie): Die Verteilung zeigt, daß Sport-Champions häufiger geboren werden, wenn Mars gerade aufgeht oder kulminiert (sie haben einen "martialischen" Charakter). Da diese Verteilung des Mars für Sport-Champions in mehreren unabhängig voneinander durchgeführten Studien mit Daten aus verschiedenen Ländern immer wie-der bestätigt werden konnte (EYSENCK/NIAS, 1982, 274ff), zuletzt durch MÜLLER (1986), spricht man in der Literatur allgemein von dem "Mars-Effekt". Wie wichtig das Kriterium ist, nur "hervorragende"Vertreter einer bestimmten Berufsgruppe zu wählen,
zeigt die Verteilung von 717 "gewöhnlichen" Sportlern (gestrichelte Linie in Abb. 3)! Eineähnliche Verteilung des Planeten Mars finden wir, außer bei denoben erwähnten Medizinern und Sportlern, noch in der Berufsgruppe der Soldaten und Wissenschaftler (hier zusammen mit Saturn). Im Gegensatz dazu erscheint Mars in den entsprechenden Sektoren signifikant weniger häufig bei der Berufsgruppe der Schriftsteller, Maler und Musiker. In den Horoskopen dieser Berufsgruppen nimmt dagegen der Mond häufiger den Platz ein, der bei Sportlern durch Mars eingenommen wird; Mond dagegen ist, vice versa, in der Berufsgruppe der Sportler in diesen Sektoren unterrepräsentiert. Schließlich finden wir Jupiter in ähnlicher Verteilung bei Schauspielern und Politikern. *118 Die "Character-Traits-Method" Die GAUQUELINs nahmen nun an, daß nicht etwa der Beruf selbst mit den Position bestimmter Planeten bei der Geburt korreliert, sondern daß es bestimmte Persönlichkeitsmerkmale sind, die für Erfolg in dem jeweiligen Beruf besonders prädestinieren. Zur Überprüfung dieserHypothese entwickelten sie die sog."Character-Traits-Method": Es handelt sich dabei um eine Methode der eindeutigen Operationalisierung von Eigenschafts-Zuschreibungen zu Personen. Sie arbeiteten dazu die Biografien jener Sport-Champions durch, die in ihre bisherigen Untersuchungen eingegangen waren. Aus diesen Biografien sammelten sie sämtliche Eigenschaftszuschreibungen, die in diesen Biografien zur Kennzeichnung der beschriebenen Personen verwendet worden waren. Jede Zuschreibung, die das Kriterium, mit einer bestimmten Mindesthäufigkeit genannt worden zu sein, erfüllte, wurde als charakterisierende Eigenschaft der entsprechenden Person in eine Liste eingetragen. Sie erhielten so für jede Person einen set von diese Person charakterisierenden Adjektiven. Über die Angemessenheit einer solchen Operationalisierung: "Eine Person ist impulsiv, wenn in ihren Biografien diese Kennzeichnung ihres Wesens mindestens zehnmal auftaucht", kann man sicher streiten, doch der Erfolg spricht zunächst für die GAUQUELINs: In einer neuen Statistik verglichen sie solche Sport-Champions, denen in den Biografien ein "eiserner Wille" zugechrieben worden war, mit denjenigen, von denen z. B. häufiger ausgesagt wurde, sie hätten weit mehr erreichen können, wenn sie einen stärkeren Willen (z. B. zum Trainieren) gehabt hätten. Das Ergebnis sehen wir in Abb. 4. Wie man sieht, wurde ihre Hypothese bestätigt. Während die "willens-starken" Sportler eine Verteilung aufweisen, die der charakteristischen Verteilung der ganzen Gruppe entspricht, ist die Verteilung der "willens-schwachen" Sportler entgegengesetzt (sie mindert also, statistisch gesehen, das Signifikanz-Niveau, das für den Mars-Effekt, alle bisherigen Untersuchungen zusammengenommen, bei ungefähr 10 E-6 liegt, wie EYSENCK/NIAS (1982, 275) berichten). Umgekehrt konnten die GAUQUELINs nun für jede der Eigenschaftszuschreibungen überprüfen, inwieweit sie als charakteristisch für einen bestimmten Planeten anzusehen war, indem sie für die Gruppe von Personen, denen diese Eigenschaft gemeinsam war, die Verteilung des betreffenden Planeten auf die Sektoren untersuchten. Auf diese Weise erhielten sie für jeden untersuchten Planeten eine empirisch ermittelte Liste von "Schlüsselworten" (key-words). In Abb. 5 sehen wir einige charakterisierende Eigenschaften für Mars, Jupiter, Saturn und Mond.
Das wirklich Erstaunliche an diesen Schlüsselworten ist, daß sie sich beinahe lesen wie Beschreibungen aus einem Astrologie-Lehrbuch zu den jeweiligen Planeten-Bedeutungen (GAUQUELIN, F., 1982). Erstaunlich ist das deshalb, weil diese Charakterisierungen ja auf eine strikt "empirische" Weise ermittelt wurden durch ein Verfahren, das in dem Sinne objektiv ist, daß es von jedermann in gleicher Weise nachvollzogen werden kann. Darin liegt auch die nicht zu überschätzende Bedeutung dieser Arbeiten der GAUQUELINs. Dennoch darf man diese Ergebnisse nicht so interpretieren, als hätten die GAUQUELINs damit "die Bedeutung der Planeten" erfaßt, denn sie können nur das an Bedeutung finden, das ihre Methode zu finden erlaubt. Sie gingen aus von isolierten Eigenschaftszuschreibungen, wie sie von bestimmten Menschen, nämlich den Biografen, vorgenommen wurden. Sie können also auch nur auf der Ebene dieser so "definierten" Charakter-Merkmale etwas über die Bedeutung der Planeten-Symbole "erfahren". Ihre Methode, deren unschätzbarer Vorteil gerade in ihrer Einfachheit und leichten Objektivierbarkeit liegt, ist nämlich nicht geeignet, mehr als ein "holzschnitt-artiges" Bild der Charakter-Struktur einer Person zu entwerfen, bestehend aus einer Sammlung von "Etiketten". Die beschreibenden Begriffe werden in den jeweiligen Biografien durch den Kontext nuanciert und in eine "Gestalt" integriert, so daß sie dort mehr sind als Etiketten. Das reine Auszählen löst sie aus diesem Zusammenhang und macht sie zu Einzelteilen eines Puzzles *119. Aus all den genannten Gründen war bei einer derartig "groben Messung" im voraus ein solches Ergebnis, wie die GAUQUELINs es dann erhalten haben, nicht zu erwarten. - Es kommt in den Wissenschaften offensichtlich manchmal darauf an, mit einem gewissen "Spürsinn" für den erfolgreichen Weg auszuprobieren.
Und mit diesem "Spürsinn" ist den GAUQUELINs
bei dieser Methode ein Kunstgriff besonderer Art geglückt:
Indem sie Biografien als Ausgangs-Daten nehmen, die
ja von "gestalt-sensiblen" menschlichen Wesen
verfaßt werden, sind in ihrer Operationalisierung
"ganzheitliche Urteile" enthalten, die zudem
ein hohes Maß an Subjektivität aufweisen.
Diese "Subjektivität" der Urteile, auf
denen ihre Ausgangsdaten gründen, wird durch das
scheinbar mechanische Auszähl-Verfahren nur verwischt.
Es ist jedoch plausibel anzunehmen, daß diese
Subjektivität, anders als bei der Beurteilung
eines Gutachtens durch die betroffene Person (oder
ihren Biografen...), sich nicht zugunsten der astrologischen
Hypothese auswirkt, da die Biografie nicht im Hinblick
darauf konzipiert worden ist. Das Urteil des Biografen
ist also unverdächtig; darin allein liegt seine
"Objektivität" begründet. Widersprüche zur astrologischen Tradition Aus der Sicht der Astrologen haben diese beachtenswerten Untersuchungen leider eine Reihe von "Schönheitsfehlern": Bisher haben die Forschungen der GAUQUELINs nämlich nur für 5 der 10 in der Astrologie bedeutsamen Himmelskörper, nämlich für Mond, Venus, Mars, Jupiter und Saturn statistisch signifikante Resultate erbracht, nicht dagegen für die Planeten Merkur, Uranus, Neptun, Pluto und, vor allem, auch nicht für die Sonne. Es bleibt, sollte sich dies nicht ändern, ein großes Rätsel, wieso "die Alten" in der Beschreibung der fünf "signifikanten" Planeten so treffend beobachtet haben, sich dagegen in der Beschreibung von Merkur und Sonne (Uranus, Neptun und Pluto wurden erst in den letzten zwei Jahrhunderten entdeckt) so getäuscht haben sollten. Eine mögliche Erklärung dafür, daß bei den GAUQUELIN'schen Studien für Merkur und Sonne keine Resultate erzielt wurden, könnte darin gründen, daß Merkur und Sonne aus astronomischen Gründen in geozentrischer Sicht immer nah beieinander stehen und daher ihre Bedeutungen mit den GAUQUELIN'schen Methoden schwer zu differenzieren sind (sie halten sich oft in den gleichen oder nah beieinanderliegenden Sektoren gleichzeitig auf). Nun sind die Effekte, die die GAUQUELINs erhalten, sehr schwach (und nur aufgrund der großen Zahlen an Personen statistisch so signifikant); eine Überlagerung von Bedeutungen zweier recht unterschiedlicher Planeten *120 kann also potentielle Effekte "zum Verschwinden bringen". Eine weitere wichtige Einschränkung der Ergebnisse der GAUQUELINs hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der astrologischen Tradition besteht darin, daß dieser Tradition zufolge ein Planet zwar in der Nähe von Aufgang und Kulmunation besonders bedeutsam ist, doch nicht nach dem Aufgang und der Kulmination, sondern kurz davor, also wenn er in den "Feldern" 1, 4, 7 oder 10 steht, den sog. "Eckfeldern" (siehe Kapitel 2). Es hat verschiedene Versuche gegeben, die abweichenden Resultate der GAUQUELINs mit systematischen Ungenauigkeiten bei der Registrierung der Geburtszeiten zu erklären (VOSS 1964), weil im letzten Jahrhundert und zu Beginn dieses Jahrhunderts (und aus dieser Zeit stammen die meisten Geburtsdaten der GAUQUELINs) die Geburtszeiten nur auf die Stunde genau angegeben wurden. Studien von Francoise GAUQUELIN (1959) zeigen jedoch, daß diese Annahme nicht haltbar ist. Es ist denkbar, daß in der antiken Astrologie ursprünglich die Zeit nach dem Aufgang die bedeutsamere war: Damals herrschte die Beobachtung des Himmels vor (nicht die Beschäftigung mit dem "Bild vom Himmel", der Zeichnung des Horoskops) und ein Planet ist sichtbar vom Moment des Aufganges an. In der Astrologie haben seit Beginn zahlen-mystische und sonstige Spekulationen eine große Rolle gespielt; möglicherweise ist auf solche Spekulationen auch zurückzuführen, daß ein Planet besonders bedeutsam sein soll, kurz bevor er sichtbar wird. (Siehe auch GAUQUELIN 1985) In diesem Zusammenhang ist ein oben angeführtes Ergebnis jedoch von besonderem Interesse: Für biologische Prozesse besonders relevante niedrig-frequente elektromagnetische Wellen nehmen in der Zeit vor Sonnenaufgang besonders stark zu. Diese Tatsache stützt die gegenwärtige astrologische Praxis. Es ist gut möglich, daß über diese Angelegenheit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Die bedeutsamste Einschränkung der GAUQUELIN'schen Forschungsergebnissein bezug auf die Vereinbarkeit mit der astrologischen Tradition besteht nun darin, daß sie mit der hier vorgestellten Methode keinerlei Zusammenhänge finden konnten, die für einen "Effekt" der sog. Tierkreiszeichen sprechen. Planeten und Tierkreiszeichen werden in der Astrologie mit der gleichen Selbstverständlichkeit benutzt. Wir stehen also vor der Tatsache, daß die astrologische Tradition in der Charakterisierung der Planetenbedeutungen (zumindest in einigen Fällen) "ins Schwarze getroffen" hat, daß aber eine mit gleicher Selbstverständlichkeit seit Jahrtausenden benutzte Tierkreis-Typologie empirisch *121 nicht bestätigt werden kann. Dieser Widerspruch ist der eigentliche Auslöser für die hier vom Verfasser vorgelegte Arbeit. Wie weiter oben skizziert (siehe Anm. 119), sind die GAUQUELIN'schen Methoden allerdings auch nicht geeignet, Aussagen über die Nicht-Existenz eines Zusammenhanges in der Astrologie zu machen. Die "planetare Heridität" Ein weiteres Ergebnis GAUQUELIN'scher Forschungen verdient besonders im Hinblick auf neuerdings fehlgeschlagene Replikationen besondere Beachtung: die sogenannte "planetare Heridität". Sehr früh schon hatten die GAUQUELINs untersucht, ob es eine Art "Vererbung" von prominenten Planetenstellungen gibt, ob also Eltern mit einem bestimmten Planeten in den Schlüssel-Sektoren häufiger Kinder haben, die denselben Planeten in Schlüssel-Sektoren stehen haben. Dies ausgehend von der Vorstellung, daß die Planeten bestimmten Charaktermerkmalen entsprechen, von denen man ja weiß, daß sie sich vererben; das sollte in gewissem Umfang dann auch auf die Planetenstellungen als "Indikatoren" solcher Charaktermerkmale zutreffen. Diese Hypothese ließ sich in einer ersten Studie bestätigen (GAUQUELIN 1961, 1966). Mit größerem Zahlenmaterial ließ sich das Ergebnis dieser ersten Studie in einer zweiten Studie replizieren (GAUQUELIN 1977). Es stellte sich sogar heraus, daß ein Heriditäts-Effekt sich nur nachweisen ließ, wenn die Geburten "natürlich" (also ohne operative Eingriffe und medikamentöse Steuerungsversuche) erfolgt waren. Dies schien GAUQUELINs These zu stützen, daß die Planetenstellungen eine "kosmische Reizsituation" bewirken, die eine Art "Trigger-Funktion" für die Auslösung des Geburtsvorganges übernimmt (ähnliche Kinder werden unter ähnlichen Konstellationen geboren, weil sie auf ähnliche Reize ansprechen). Die Ergebnisse der Heriditäts-Studien stellten eine wichtige Stütze der astrologischen These dar. Zum einen behauptet die astrologische Tradition eine "Vererbung" von Planeten-Positionen, zum anderen waren dies (die einzigen) Ergebnisse, die einen Planeten-Effekt für "ordinary people" auswiesen.
Michel GAUQUELIN hat nun in einer neuen Studie eine
Replikation seiner früheren Studien an dem auch
für seine Verhältnisse ungewöhnlich
großen Datenmaterial von 50.000 Geburtsdaten
versucht. Die Berechnung der Daten und die Auswertung
wurde, im Gegensatz zu früher, von einem Computer
geleistet. (Alle früheren Arbeiten von GAUQUELIN
beruhen auf Berechnungen von Hand). In dieser Studie
ließen sich seine beiden früheren Ergebnisse
nicht bestätigen. - Eine von ihm selbst durchgeführte
Nachprüfung der ersten Replikations-Studie durch
Neu-Berechnung der Daten mit einem Computer hatte bereits
eine Absenkung des Signifikanz-Niveaus ergeben: Offensichtlich
hatte sich GAUQUELIN, wie er selbst ausführt,
in der früheren Studie häufiger zu Gunsten
der Hypothese als zu Ungunsten der Hypothese verrechnet.
Sowohl die erste als auch die zweite Studie bleiben
jedoch, auch nach der Korrektur, signifikant. |
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Kapitel 6.1 |
Kapitel 6.3 |