Kapitel 7.1: Gegenstand der Untersuchung in dieser Studie

Am Beginn dieser Arbeit stand die Absicht, die Validität einiger grundlegender Konzepte der Astrologie zu überprüfen. Im Zuge einer gerade im Bereich von "Grenzgebieten" unumgänglichen Reflexion der Grundlagen eines solchen Prüf-Vorganges wurde aber immer deutlicher, daß es die Validitätsüberprüfung gar nicht geben kann: Welche Methode - z. B. der Operationalisierung - man auch immer anwendet, die aufgrund dieser Methode gewonnenen Resultate haben nur eine - mehr oder minder stark - eingeschränkte Aussagekraft. Die erkannte Relativität eines jeden möglichen Zugangs erlaubt es daher nicht, die hier vorgestellte Studie stringent als Konsequenz aus den vorangegangenen wissenschaftstheoretischen und methodologischen Erörterungen hervorgegangen darzustellen. Im Gegenteil ist diese Studie konsequenterweise ein mögliches von mehreren möglichen neuen "Puzzle-Stücken" in dem großen ungelösten Puzzle ASTROLOGIE. *125

Die GAUQUELINs haben bei ihren Studien keinerlei Bestätigung für eine Validität der Tierkreiszeichen-Typologie finden können (1978,1981a). Diese Typologie wird jedoch in der astrologischen Tradition mit der gleichen Selbstverständlichkeit verwendet wie die symbolische Bedeutung der Planeten. Auch in der täglichen Beratungs-Situation sind die Bedeutungen, die sich aus den Tierkreiszeichen herleiten, nicht weniger evident wie diejenigen, die sich aus der symbolischen Bedeutung der Planeten herleiten, im Gegenteil: Erst die Interaktion dieser beiden Elemente gibt jedem Planeten seine endgültige Bedeutung, ohne die Bewertung seiner Stellung in den Tierkreiszeichen ist seine Bedeutung in gewissem Sinne Roh-Material.

Im Bewußtsein der Tatsache, daß die Verläßlichkeit dieses Ergebnisses der GAUQUELINs sehr stark an einer gelungenen, einer adäquaten Operationalisierung der symbolischen Bedeutung der Tierkreiszeichen hängt, soll in der vorliegenden Studie auf der Basis einer alternativen Operationalisierung die Frage der Validität der Tierkreiszeichen-Typologie erneut untersucht werden.
Ein Nebenziel der Untersuchung ergab sich aus der ohnehin vorhandenen Notwendigkeit, mit großen Stichproben zu arbeiten (siehe Abschnitt 7.2): GAUQUELIN hatte bisher keine Ergebnisse für "ordinary people" erhalten (siehe Kap. 6.2). Er hatte aber auch noch nicht versucht, von einer großen Zahl von "ordinary people" ähnliche Beschreibungen des Charakters zu bekommen, wie er sie anhand der Biografien von berühmten Persönlichkeiten erhalten hatte. In Zusammenarbeit mit Sybil EYSENCK hatte das Ehepaar GAUQUELIN auf der Basis von Persönlichkeitsbeschreibungen aus Biografien allerdings herausgefunden, daß mars- und jupiter-betonte Menschen (Jupiter und/oder Mars in den Schlüssel-Sektoren) eher extraviertiert sind, saturn-betonte Menschen dagegen introvertiert (GAUQUELIN/GAUQUELIN/EYSENCK 1979, 1982). Damit war ein Zusammenhang zwischen dem Horoskop und einem leicht "meßbaren" Persönlichkeitsmerkmal gegeben. Diesen Zusammenhang müßte man also auch mit "ordinary people" bestätigen können. - Schließlich können auch ohne zusätzlichen Aufwand die Studie von EYSENCK/MAYO/WHITE sowie die "Gegenstudie" von PAWLIK & BUSE repliziert werden (siehe Kap. 6.5)

Die GAUQUELINs haben die Tierkreiszeichen zunächst auf der Basis des Kriteriums Berufserfolg sowie auf der Basis der planetaren Heridität untersucht (1978). Später hat Michel GAUQUELIN auch die Character-Traits-Methode auf die Untersuchung der Tierkreiszeichen angewendet, ohne einen Zusammenhang zwischen Eigenschaftszuschreibungen aus den von ihm verwendeten Biografien und der Stellung der Planeten in den Tierkreiszeichen finden zu können (1981).

Tierkreiszeichen und Planeten repräsentieren allerdings auch unterschiedliche Aspekte dessen, was wir intuitiv unter Persönlichkeitsmerkmalen verstehen: Die Planeten repräsentieren in gewissem Sinn Antriebskräfte des Handelns, wogegen die Tierkreiszeichen Stilprinzipien sind, sie "färben" die Art, den Stil der Äußerung der durch die Planeten symbolisierten Antriebskräfte (siehe dazu Kapitel 2 und RING 1956, 1969).

Die Dominanz einer bestimmten Antriebskraft wird aber ihrerseits mit einem gewissen Recht schon als Stil des Verhaltens empfunden (z. B. Aktivität oder Angriffslust bei Dominanz des Planeten Mars im Gegensatz zu Kooperationsbereitschaft und Diplomatie bei Dominanz des Planeten Venus). Die Wahrnehmung von Angriffslust kann die Wahrnehmung der spezifischen Form dieser Angriffslust (offen, stürmisch und impulsiv bei einer Stellung des Mars im Widder, im Gegensatz zu auflauernd, aus der Deckung heraus bei einer Stellung im Skorpion) überdecken. Dies macht schon aus sprachlichen Gründen eine Operationalisierung der Bedeutung der Tierkreiszeichen schwieriger als bei den Planetenbedeutungen.


 Kapitel 6.6
Kapitel 7.2 
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